Die belarussische Polizei hat am Mittwochabend auf dem Unabhängigkeitsplatz im Minsker Stadtzentrum laut Menschenrechtsaktivsten mindestens 19 regierungskritische Demonstranten festgenommen. Das Minsker Menschenrechtszentrum Wiasna veröffentlichte eine Liste mit den Namen der Personen, die von der Spezialeinheit Omon abgeführt worden seien.
Etwa 100 Menschen wurden demnach bei der "brutalen" Auflösung der Kundgebung für einen Rücktritt von Staatspräsident Alexander Lukasschenko vorübergehend in der an dem Platz gelegenen katholischen Kirche Sankt Simon und Sankt Helena eingesperrt.
Erzbischof verurteilt Blockade der Türen
Der katholische Minsker Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz verurteilte die Blockade der Türen der Kirche durch bewaffnete Polizisten der Spezialeinheit scharf. Es handle sich um eine "grobe Verletzung der Rechte der Gläubigen und der Religionsfreitheit", protestierte er am Donnerstagmorgen in einer schriftlichen Erklärung. Die Verfassung von Belarus gebe jedem Menschen das Recht zu beten sowie ungehindert in die Kirche zu gehen und sie wieder zu verlassen. Der "unangemessene und rechtswidrige" Polizeieinsatz müsse untersucht und die Verantwortlichen müssten bestraft werden.
"Diese und ähnliche Maßnahmen von Angehörigen der Machtstrukturen tragen nicht dazu bei, die Spannungen abzubauen und rasch Frieden und Harmonie in der belarussischen Gesellschaft zu schaffen", so Kondrusiewicz. Die katholische Kirche fordere "Versöhnung und Dialog, um den in unserem Land beispiellosen gesellschaftlichen und politischen Konflikt zu lösen".
Demonstranten fliehen in Kirche
Das Kirchenportal catholic.by veröffentlichte ein kurzes Video, das Polizisten bei der Schließung der Haupttür der Kirche zeigt. Demonstranten waren laut unabhängigen Minsker Medien vor der Spezialeinheit Omon in die Kirche geflohen. Dort seien sie etwa 40 Minuten eingesperrt worden. Vor der Kirche hatten sich zuvor mehrere hundert Regierungskritiker versammelt.
In Belarus gehen seit der umstrittenen Präsidentenwahl vom 9. August täglich Menschen auf die Straßen und Plätze und protestieren gegen eine Fälschung der Wahl zugunsten von Lukaschenko. Sie fordern zugleich die Freilassung von Demonstranten. Die katholische Kirche hatte darauf ebenfalls offen die Staatsführung kritisiert. Ihr gehören etwa 15 Prozent der 9,5 Millionen Belarussen an. Die Mehrheit der Bürger des Landes sind orthodoxe Christen.