Historiker sieht Zusammenhang zwischen Religion und Politik

Zwischen Hineinwirken und Hineingezogenwerden

Nach Einschätzung des Historikers Heinz Schilling sollten Religion und Politik immer "zusammen gesehen" werden. Beide Seiten hätten immer auf die jeweils andere eine Auswirkung, so Schilling in der Gesprächsreihe "Zwei nach Zwölf".

Abschiedbesuch: Angela Merkel und Bischof Bätzing (dpa)
Abschiedbesuch: Angela Merkel und Bischof Bätzing / ( dpa )

"Beide wirken zusammen zum Wohle, allerdings auch häufig zum Bösen", erklärte Schilling in der Katholischen Akademie Berlin.

Anteil der Religion an moderner Gesellschaft

Das Christentum sei eine Religion, "die in die Welt hineinwirkt, aber auch notwendigerweise in die Welt hineingezogen wird". Dies sei eine Chance, sich einzumischen, die Welt mitzuprägen und sich zu behaupten, auch in Punkten, die der reinen Lehre widersprechen, betonte Schilling. Die Welt wirke auch umgekehrt zurück in die Kirche.

Es sei für die christlichen Kirchen und die Christen immer ein "Gratgang" zwischen einem angemessenen Hineinwirken in die Welt und der Anbiederung an den Zeitgeist. Mit Blick etwa auf den Krieg in der Ukraine sagte Schilling, auch aus christlicher Sicht seien für ihn Waffenlieferungen nicht kategorisch auszuschließen. "Es gibt die Notwendigkeit, sich dem Bösen entgegenzustellen."

Religion und Kirchen hätten, anders als häufig dargestellt, einen zentralen Anteil an der Entwicklung einer modernen, pluralen Gesellschaft. Häufig seien sie der Motor der Veränderungen gewesen.

Wie sieht zukünftige gesellschaftliche Mitgestaltung aus?

Infolge der Reformation habe sich ein mächtiger Schub der Differenzierung und damit zur langfristigen Pluralisierung Europas ergeben. Das Christentum habe somit die Welt geprägt und die Rolle der Moderne befördert, sagte Schilling.

Der Kirche sei ihr 2.000-jähriges Wirken in der Welt aus einer Minderheitensituation heraus gelungen, so der Historiker in Anspielung auf die ersten Christen. Ähnlich stelle sich die Situation heute, insbesondere in Ostdeutschland dar. Es gelte, zu überlegen, wie dieser Minderheit weiter eine gesellschaftliche Mitgestaltung gelingen könne.

Quelle:
KNA
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