Sie sind weltweit die wohl wichtigsten Auszeichnungen in Wissenschaft und Gesellschaft. Und sie gelten als Gradmesser für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Vor 125 Jahren, am 27. November 1895, stiftete der schwedische Erfinder und Industrielle Alfred Nobel (1833-1896) die nach ihm benannten Preise.
Ab der kommenden Woche werden sie wieder vergeben: am Montag für Medizin, dann folgen am Dienstag und Mittwoch Physik und Chemie, am Donnerstag der Literatur- und am Freitag der Friedensnobelpreis. Am Montag darauf folgt dann der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften, der erst 1968 gestiftet wurde und nicht zu den eigentlichen Nobelpreisen zählt.
Größter Teil des Reichtums von Nobel sollte in Stiftung fließen
Nobel hatte in seinem Testament verfügt, dass der größte Teil seines Reichtums in eine Stiftung fließen solle. Die Zinsen daraus sollten als Preis jenen zukommen, die jeweils "im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben", und zwar auf den Gebieten der Physik, der Chemie, der Medizin, der Literatur sowie "an denjenigen, der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt hat."
Seit 1901 werden die Auszeichnungen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, in Stockholm und Oslo überreicht. Bislang sind (inklusive Wirtschaft) 597 Preise verliehen worden; rund 950 Personen und Organisationen wurden ausgezeichnet, darunter 54 Frauen, 869 Männer und 27 Organisationen.
Rund 100 Nobelpreise gingen bisher an Deutsche
Deutsche Wissenschaftler, Schriftsteller und Friedensaktivisten haben bislang rund 100 Nobelpreise erhalten. Gleich im Jahr 1901 hatte das Land die meisten der Preise eingeheimst und sich bis 1933 den Ruf erworben, führende Wissenschaftsnation zu sein. Die Namen sind bis heute nicht vergessen: Emil Behring, der für eine Serumtherapie gegen Diphtherie geehrt wurde. Wilhelm Conrad Röntgen, der in Würzburg durch Zufall zuvor nie registrierte elektromagnetische Wellen entdeckte.
Der Name Albert Einstein steht für eine der dunkelsten Epochen der deutschen Wissenschaftsgeschichte und für den Aufstieg der USA zum Weltmeister der Nobelpreisträger seit dem Zweiten Weltkrieg. Der deutsche Jude, der 1921 den Nobelpreis für seine Arbeit zum photoelektrischen Effekt erhielt, wurde 1934 ausgebürgert und wanderte in die USA aus. Ihm folgte ein großer Teil der deutschen Wissenschaftselite. Medizinnobelpreisträger wie Fritz Lipmann und Sir Hans Krebs waren in Deutschland geboren, erhielten ihre Auszeichnung aber als Amerikaner und Brite.
Nicht jeder wird in die Galerie der Preisträger aufgenommen
Allerdings: Selbst geniale Erfinder und vielgelesene Schriftsteller haben keineswegs die Garantie, in die Galerie der Preisträger aufgenommen zu werden. Bisweilen gab es heftige Auseinandersetzungen: 1901, als der Franzose Sully Prudhomme den ersten Literaturnobelpreis erhielt, telegrafierten mehr als 40 Schriftsteller an den Russen Leo Tolstoi, es sei eine Schande, dass er übergangen worden sei. Auch Günter Grass galt nach seinem Roman "Die Blechtrommel" jahrelang als "ständiger Nobelpreiskandidat", ehe er 1999 schließlich in die Reihe der Geehrten aufstieg.
Einige Preise waren umstritten
Besonders umstritten waren viele Friedensnobelpreise: Namen wie Menachem Begin, Le Duc Tho, Kissinger, Arafat und Peres lassen immer wieder die Frage aufkommen, ob es richtig ist, aktive Politiker von Ländern auszuzeichnen, die treibende Akteure eines Krieges waren.
Streit gab es zuletzt auch beim Literaturnobelpreis: Belästigungs- und Korruptionsvorwürfe hatten die Jury der Schwedischen Akademie in eine so schwere Krise gestürzt, dass die Akademie schon im Frühjahr 2018 beschloss, die Vergabe auszusetzen. 2019 wurden dann zwei Preise vergeben.
Zwiespältig und umstritten, so lässt sich auch Alfred Nobel charakterisieren: Der Tüftler baute ein weltweites Imperium von Fabriken auf und brachte es auf 355 Patente, darunter das Dynamit, das den Bau von Eisenbahnlinien und Straßen erleichterte, aber auch dem Krieg ein noch unmenschlicheres Gesicht gab. Auch dieser Zwiespalt mag den Schweden veranlasst haben, einen großen Teil seines riesigen Vermögens, nämlich 30 Millionen damaliger Goldkronen, in den Nobelpreis zu stecken.