Es sollte eine einzigartige Kooperation werden: Die Kirche und eine Genossenschaft wollten gemeinsam katholische Schulen betreiben, um sie vor der Schließung zu retten. Nach zähem Ringen mit vielen Aufs und Abs hat Erzbischof Stefan Heße nun entschieden: Es wird keine Zusammenarbeit zwischen dem Erzbistum Hamburg und einer "Hamburger Schulgenossenschaft" geben.
Gravierender Einschnitt
Begonnen hatte alles am 19. Januar, als Generalvikar Ansgar Thim ankündigte, bis zu acht der 21 katholischen Schulen in Hamburg zu schließen. Der Einschnitt sei zwingend notwendig, um dem Erzbistum und damit auch dem katholischen Schulsystem dauerhaft eine Zukunft zu ermöglichen, sagte Thim damals und verwies auf die Überschuldung des Erzbistums in Höhe von 79 Millionen Euro. Drei der acht Schulen könnten noch gerettet werden, wenn die Diözese finanzielle Hilfe von außen bekäme.
Für die Hamburger Diaspora-Katholiken bedeutet diese Entscheidung einen gravierenden Einschnitt: Das Erzbistum unterhält bislang 18 Grund- und Stadtteilschulen sowie drei Gymnasien mit insgesamt rund 9.000 Schülern und ist damit größter privater Schulträger der Hansestadt.
Die Proteste ließen nicht lange auf sich warten: Die Gruppe "Rettet 21" traf sich wöchentlich zur Mahnwache vor dem Mariendom. Eltern und Schüler organisierten zwei große Kundgebungen mit mehreren Tausend Teilnehmern in der Hamburger Innenstadt. Gemeindemitglieder schrieben sogar einen Brief an den Papst und wurden im Vatikan empfangen.
Wöchentliche Gespräche
Eine Initiative einflussreicher Katholiken um den Rechtsanwalt und SPD-Schatzmeister Christian Bernzen und den ehemaligen CDU-Staatsrat Nikolas Hill machte schließlich am 2. Februar den Vorschlag, eine Genossenschaft zum Erhalt der katholischen Schulen zu gründen. Rund 10.000 Hamburger Bürger sollten den Vorstellungen nach Mitglied werden und je einen 1.000-Euro-Anteil erwerben. "Wir wollen Eigenverantwortung organisieren und nicht Protest", sagte Bernzen damals.
Schnell fanden sich prominente Unterstützer der Initiative, darunter Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), der frühere Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sowie der Geschäftsführer des "Zeit"-Verlags, Rainer Esser. Die Zahl der potenziellen Mitglieder wuchs bis zuletzt auf knapp 2.000 an.
Nach anfänglichem Zögern entschied sich das Erzbistum Hamburg, Gespräche mit der Initiative aufzunehmen. Die forsche Ankündigung der Privatleute, alle 21 Schulen – und nicht nur die bedrohten acht – übernehmen zu wollen, sorgte bald darauf für einen öffentlichen Streit der beiden Parteien.
Auf einem gemeinsamen Workshop Anfang Mai raufte man sich wieder zusammen, gründete Arbeitsgruppen und traf sich fortan wöchentlich zu Gesprächen, aus denen immer wieder vertrauliche Informationen nach außen drangen und für weitere Auseinandersetzungen sorgten.
Vorwurf der "Schein-Kooperation"
Am Ende einigten sich beide Seiten auf den gemeinsamen Betrieb von vier Schulen im Hamburger Süden, die in einem Pilotprojekt gemeinsam betrieben werden sollten. Ein guter Ausgang der Verhandlungen schien in Sicht.
Die entscheidende Wende brachte der 24. Juni, als die Initiative in einem ausformulierten Konzept ihre Vorstellungen für den gemeinsamen Schulbetrieb darlegte. In einem internen Papier kam die Verwaltung des Erzbistums zu einem vernichtenden Urteil: Das Konzept zeige weder Lösungen für die operative Tragfähigkeit der Pilotschulen noch für die notwendigen Investitionen an den Standorten, hieß es darin. Der Initiative wurde vorgeworfen, "erhebliche Camouflage" zu betreiben und das Erzbistum in eine "Schein-Kooperation" zu locken, "aus der es keine Befreiung gibt".
Sechs wichtige Bistumsgremien, darunter der Kirchensteuerrat und der Diözesanvermögensverwaltungsrat, stimmten darauf gegen eine Kooperation mit der Initiative. Sie sahen vor allem den wirtschaftlichen Sanierungskurs in Gefahr. Auch zwei von vier schulischen Gremien votierten gegen eine Zusammenarbeit. Am Ende konnte Erzbischof Stefan Heße nicht anders, als die Gespräche abzubrechen und damit zugleich viele Hoffnungen zu enttäuschen.
Kampf ist beendet
Es bleibt die Frage, ob es für diese Entscheidung die monatelangen Verhandlungen gebraucht hätte. Denn der Sachstand ist nun derselbe wie Ende Januar: Bis zu acht der 21 Schulen droht die Schließung, drei könnten noch gerettet werden.
"Das Ende der Verhandlungen mit der Initiative Hamburger Schulgenossenschaft bedeutet nicht das Ende unserer Anstrengungen, mit externen Partnern hier zu einer zukunftsfähigen Lösung zu kommen", betonte Heße. Welche Partner das sein könnten, ist bislang nicht bekannt. Für die "Hamburger Schulgenossenschaft" ist der Kampf nach erstem Bekunden beendet. Eltern und Schüler haben jedoch bereits angekündigt, noch lange nicht aufzugeben.
Von Michael Althaus