KjG begrüßt Wahlrecht ab 16 im Koalitionsvertrag

"Jede Altersgrenze ist willkürlich"

Geht es nach der künftigen Bundesregierung, sollen Jugendliche ab 16 Jahren wählen können. Für die "Katholische junge Gemeinde" ein Grund zur Freude. Die Ampel müsse sich nun an ihren Zielen messen lassen.

Jugendliche treffen sich zum Austausch in Wittenberg (Symbolbild) / © Markus Nowak (KNA)
Jugendliche treffen sich zum Austausch in Wittenberg (Symbolbild) / © Markus Nowak ( KNA )

DOMRADIO.DE: Hat es Sie gefreut, dass das Wahlalter auf 16 gesenkt werden soll? 

Julia Niedermayer (Mitglied der Bundesleitung der Katholischen jungen Gemeinde (KjG)): Ja, auf jeden Fall. Wir kämpfen ja als Jugendverbände schon lange dafür, dass Kinder und Jugendliche ernst genommen werden und ihnen auch das aktive Wahlrecht zusteht. 

DOMRADIO.DE: Warum fordern Sie das? 

Niedermayer: Weil wir gute Erfahrungen machen mit Kindern und Jugendlichen. Weil wir wissen und erfahren, dass Kinder und Jugendliche einen sehr, sehr guten Plan, eine sehr gute Vorstellung davon haben, wie wir gesellschaftlich zusammenleben können. Wir erfahren auch, dass Kinder und Jugendliche im Stande sind, das auszudrücken, miteinander zu verhandeln und auch mit Erwachsenen zu verhandeln.

Manchmal ist vielleicht die Sprache ein bisschen weniger mit Fachbegriffen gespickt, wenn man so möchte. Aber es ist nur logische Konsequenz, wenn wir Kinder und Jugendliche als Teil von Gesellschaft begreifen. Und das sind sie. Sie sind nicht nur unsere Zukunft, sondern auch unsere Gegenwart. Dann ist für uns auch völlig klar, dass da politische Teilhabe auch in Form von Beteiligung an Wahlen erfolgen muss. 

DOMRADIO.DE: Und dann kommen natürlich auch die Kritiker um die Ecke, die zum Beispiel 16-Jährige für unreif und manipulierbar halten, etwa durch die sozialen Medien. Was sagen Sie denen dann? 

Niedermayer: Also die Frage ist ehrlich gesagt, warum das nur anhand des Alters anders sein sollte. Für uns als KjG ist jede Altersgrenze willkürlich. Wir gehen in unseren Forderungen übrigens noch weiter. Wir sprechen davon, dass unser Ziel ein Wahlrecht ohne Altersgrenze ist. Und ich glaube ehrlich gesagt, gerade wenn man jetzt auch zurückblickt und die angespannten Pandemie-Zeiten anschaut, möchte ich noch mal ein dickes Fragezeichen dran setzen, ob Manipulierbarkeit, Quellen-Prüfungen oder Ähnliches wirklich eine Frage des Alters ist und ob damit auch Reife eine reine Frage des Alters ist. 

DOMRADIO.DE: Was meinen Sie, bringt eine Absenkung des Wahlalters mehr Demokratie im Land? 

Niedermayer: Ich glaube unterm Strich in jedem Fall. Alleine dadurch, dass mehr Menschen ein weiteres demokratisches Mittel zugestanden wird, nämlich die Teilhabe an Wahlen. Was aber auch vollkommen klar ist, dass damit jetzt nicht alle Arbeit getan ist und dass Kinder und Jugendliche sich jetzt freuen dürfen, dass ihr Kreuzchen gemacht werden kann, sondern es müssen auch begleitende Veränderungen in Schulsystemen stattfinden.

Politische Bildung muss als Querschnittsthema begriffen werden und nicht als reines Schulfach. Es muss auch vereinfachte Möglichkeiten geben, an Inhalte von Wahlprogrammen etc. heranzukommen. Es muss einfachere Sprache benutzt werden. Auch das ist, glaube ich, etwas, was nicht nur Kindern und Jugendlichen unter 18 zu Gute kommt, wenn einfachere Sprache von Politik genutzt wird. 

DOMRADIO.DE: Im Moment ist das Wahlrecht ja an die Volljährigkeit geknüpft. Müsste man dann nicht auch diese Grenze herab senken? 

Niedermayer: Ich sehe das nicht so. Und ich glaube auch, dass wir in der Geschichte häufiger gesehen haben, dass Volljährigkeit ein Faktor ist, an den man das Wahlrecht knüpfen kann. Dass es aber nicht der einzige Faktor ist, an den man es knüpfen kann. Und von daher finde ich das immer noch ein sehr gutes Wagnis und einen guten Fortschritt und freue mich, im Sinne von Kindern und Jugendlichen auch darüber, dass dieser Schritt so fest im Koalitionsvertrag verankert ist. 

DOMRADIO.DE: Was fordern Sie von der neuen Bundesregierung generell im Hinblick auf Kinder und Jugendliche? 

Niedermayer: Dass sie jetzt damit weitermachen, womit sie scheinbar angefangen haben, nämlich dass Kinder und Jugendliche im Fokus sind, dass ihnen eine große Rolle beigemessen wird. Wir sehen ja mehrere Themen im Koalitionsvertrag. Wir freuen uns natürlich als KjG auch enorm darüber, dass die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz festgeschrieben ist. Insbesondere auch, dass da noch mal ein Versprechen formuliert ist, nicht hinter der UN-Kinderrechtskonvention zurückzubleiben.

Wir lesen auch ehrlich gesagt eher mit Freude, dass die Kindergrundsicherung im Koalitionsvertrag untergebracht ist. Und die folgende Regierung wird sich jetzt daran messen lassen müssen, was für Ziele sie geschrieben hat und wie sie es schafft, die eigenständige Kinder- und Jugendpolitik des Bundes weiterzuentwickeln. Da hoffen wir natürlich, dass Instrumente wie der Jugendcheck auch verbindlich gesichert werden und genutzt werden. 

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR