Julia Klöckner soll neue Bundestagspräsidentin werden

Auf dem Weg an die Spitze des Parlaments

Das Etikett "Weinkönigin" verfolgt sie immer noch - obwohl die Wahl 30 Jahre zurückliegt. Nun soll die CDU-Abgeordnete und engagierte Katholikin Julia Klöckner das zweithöchste Amt im Staat übernehmen - trotz einiger Fettnäpfchen.

Autor/in:
Birgit Wilke
 Julia Klöckne steht neben Friedrich Merz.  / © Michael Kappeler (dpa)

Für ihr künftiges Amt hat der Unionschef Julia Klöckner noch etwas mitgegeben: Als Bundestagspräsidentin müsse sie auf eine angemessene Streitkultur im Parlament achten und darauf, dass das Herz der Demokratie nicht beschädigt werde, so Friedrich Merz (CDU) vor wenigen Tagen.

Der noch-amtierenden Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ist das in den vergangenen Jahren nach Einschätzung vieler gelungen: Mit ihrer ruhigen, sachlichen Art sorgte sie für einen reibungslosen Ablauf der Bundestagssitzungen. Bas wies Abgeordnete zurecht, wenn diese durch laute Zwischenrufe störten und verteilte Ordnungsrufe - vor allem an AfD-Abgeordnete.

Die stärkste Fraktion im Bundestag stellt traditionell die Kandidatin für das zweithöchste Amt im Staat und so gilt die Wahl Klöckners am kommenden Dienstag als Formsache. Mit einer fast doppelt so großen AfD-Fraktion dürfte die Leitung der Parlamentssitzungen für die engagierte Katholikin und Ex-Ministerin schwieriger als bislang werden.

Journalismus, Wein und Politik

Klöckner hat in ihrer Laufbahn viele Erfahrungen gesammelt. Die 52-Jährige wurde im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach geboren und wuchs in einem nahe gelegenen Weingut ihrer Familie auf. Noch immer klebt an ihr das Etikett der Weinkönig, dabei ist es inzwischen 30 Jahre her, dass sie Mitte der 90er-Jahre Deutsche Weinkönigin wurde. Nach Abitur und Studium der Theologie, Politikwissenschaft und Pädagogik absolvierte Klöckner ein journalistisches Volontariat. Anschließend arbeitete sie bei Zeitschriften, die sich mit Weinen beschäftigen.

Julia Klöckner / © Kay Nietfeld (dpa)

Parallel startete sie ihre politische Karriere. Mit Mitte 20 trat sie in die Junge Union ein, sie stieg 2002 in den rheinland-pfälzischen Landesvorstand der CDU auf und konnte im selben Jahr als Abgeordnete in den Bundestag einziehen. Acht Jahre später wählten die Delegierten sie zur CDU-Landesvorsitzenden.

In ihrem Bundesland erlebte sie aber auch herbe Niederlagen: Zwei Mal scheiterte sie als Spitzenkandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz. 2015 gehörte sie zu den Unionspolitikern, die die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik kritisierten.

Katholisch sozialisiert

Trotzdem holte Merkel (CDU) Klöckner 2017 in ihr letztes Kabinett. Als Landwirtschaftsministerin bekam sie immer wieder Gegenwind zu spüren - sowohl von konservativen Agrarpolitikern als auch von Umwelt- und Naturschützern. In der Oppositionszeit nach der Wahl 2021 war sie wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion.

Klöckner, die mehrere Jahre im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) vertreten war, verweist immer wieder auf ihre katholische Sozialisation. Ihr sei der Glaube in die Wiege gelegt worden, betonte sie etwa in einem Interview der Wochenzeitung "Die Zeit". Regelmäßig ist sie Gast auf Katholikentagen, spart aber auch nicht mit Kritik an den Kirchen. So wünscht sie sich etwa einen verständnisvolleren Umgang mit Geschiedenen, so die Politikerin, die selbst geschieden ist. Bioethisch tritt sie gegen verbrauchende Embryonenforschung ein und spricht sich als Donum-Vitae-Mitglied gegen die Abtreibung aus - ebenso wie gegen Suizidbeihilfe.

"Geländegängig"

Klöckner mag verbale Zuspitzungen, nicht selten muss sie aber anschließend zurückrudern. Zuletzt bei einem Post Anfang des Jahres mitten im Wahlkampf: Bei Instagram schrieb sie: "Für das, was ihr wollt, müsst ihr nicht die AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU!" Viele User zeigten sich entsetzt, viele sahen darin eine unzulässige Annäherung an die AfD und eine Gleichsetzung mit deren extremen Positionen. Recht schnell löschte Klöckner ihren Post auch wieder.

Als Bundestagspräsidentin muss sich Klöckner, die sich selbst als geländegängig bezeichnet, Autorität erarbeiten, damit klare Ansagen respektiert werden. Nötig ist aber auch Fingerspitzengefühl, damit schwierige Debatten nicht aus dem Ruder laufen. Sie selbst betonte in den vergangenen Tagen, dass der Bundestag als Ort des Austausches von Argumenten auch eine Vorbildfunktion habe. "Wenn nicht wir hier ordentlich mit Respekt miteinander diskutieren und auch streiten, wie soll es denn in der Breite der Gesellschaft geschehen."