Das sagte Hollerich am Mittwochabend in Frankfurt am Main. Es gebe heute viele Menschen in Europa, die mit den Begrifflichkeiten des Christentums nichts mehr anfangen könnten und schon "das Wort 'Gott' nicht mehr verstehen", sagte Hollerich.
Gegenwärtig befinde man sich "in einem zivilisatorischen Wandel von riesigem Ausmaß".
Deshalb müssten Christen künftig vor allem durch authentisches und zugewandtes Handeln Zeugnis vom christlichen Glauben geben. Man sei heute anders als zu früheren Zeiten nicht mehr in einer christlichen Gesellschaft, wo die kirchliche Lehre "zuerst kommt", sagte Hollerich.
Heutzutage ist die Begegnung gefragt
Stattdessen sei heute zunächst die Begegnung gefragt, eine "Haltung von Offenheit und Annahme von Menschen". Dies heiße nicht, dass die Lehre falsch sei, doch zunächst sei glaubwürdiges Handeln notwendig, um das Interesse von Menschen am christlichen Glauben zu wecken.
"Wir müssen in der Kirche wieder mehr so handeln wie Christus", sagte Hollerich. Das heiße, Menschen anzunehmen, ohne über sie zu urteilen, seien es wiederverheiratete Geschiedene oder auch homosexuelle Menschen, so Hollerich. "Ausschließungen verstehen die Leute heute als unchristlich", betonte der 64-jährige Kardinal, der auch Moderator ("Generalrelator") der katholischen Weltsynode ist.
Hollerich sprach an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen zum Thema "Wird die Kirche in Europa zukunftsfähig sein? Wie sind Reformen möglich?".