Kardinal Walter Kasper sieht in den Ergebnissen der Weltsynode Ansatzpunkte zum Umgang mit Missbrauch in der Kirche. Zwar reiche die knappe Erwähnung des Themas im Abschlussbericht "mit Sicherheit" nicht aus, sagte der ehemalige Chef-Ökumeniker des Vatikans im Interview mit der Zeitschrift "Communio". Aber es sei gut gewesen, daran erinnert zu haben. "Da die Synode einen hinhörenden, achtsamen, wertschätzenden und respektvollen Umgang, besonders mit verwundbaren Personen in die Mitte gestellt hat, hat sie indirekt zum Thema Missbrauch Grundlegendes beigetragen", so Kasper weiter.
In der Synodalität sieht Kasper "geradezu einen Frontalangriff" gegen Klerikalismus. Die von der Synode angedachte Verpflichtung von Bischöfen zu regelmäßiger Rechenschaft sei zugleich eine grundlegende Präventivmaßnahme gegen Vertuschung. "Der Aufbau synodalen Stils wie synodaler Institutionen und die Aufarbeitung und Prävention des Missbrauchs gehen Hand in Hand. Da Vertrauen rasch zerstört, aber verlorenes Vertrauen nur langfristig wiederaufgebaut werden kann, wird uns die Aufarbeitung des Missbrauchs wie der Aufbau eines synodalen Stils noch lange Zeit beschäftigen", betonte der Kardinal
Einheit des Weihesakraments kein Argument für Kasper
Kardinal Walter Kasper sieht die Weihe von Frauen zu Diakoninnen als theologisch möglich und pastoral sinnvoll an. Er gab jedoch zu, dass er mit der Antwort auf diese Frage längere Zeit gerungen habe. "Jede Ortskirche wäre frei zu entscheiden, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch manchen will oder nicht", so Kasper weiter. Der Kardinal betonte, dass er von ständigen Diakoninnen spreche, also nicht der Diakonenweihe als Durchgangsstadium zur Priesterweihe.
Für eine Weihe von Frauen zu Diakoninnen spreche das Traditionsargument, dass die westliche und die östliche Kirche in den ersten Jahrhunderten dieses Amt kannten, Kasper. Man könne auch nicht sagen, dass die Diakoninnenweihe damals kein Sakrament gewesen sei, da sich diese theologische Begrifflichkeiten erst später entwickelt hätten. Es sei unsachgemäß, die damaligen Weihen nur als Sakramentalien zu sehen, also lediglich als zeichenhafte Segnungen: "Dagegen spricht auch die Tatsache, dass - soviel ich weiß - die Ordinationsformulare bei Diakonen und Diakoninnen dieselben waren."
"Entwicklungen an pastoralen Bedürfnissen orientiert"
Kasper zeigte sich auch nicht überzeugt von dem Argument, dass man Frauen nicht zu Diakoninnen weihen könne, weil die Weihen zum Diakon, Priester und Bischof ein untrennbares Sakrament des "Ordo" seien. Papst Benedikt XVI. (2005-2013) habe klargestellt, dass Diakone anders als Priester und Bischöfe Jesus Christus nicht als Haupt der Kirche repräsentieren. Außerdem sei die Bischofsweihe endgültig erst durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962 - 1965) als Sakrament anerkannt worden. "Es gab und gibt also innerhalb des einen Sakrament des Ordo nicht unerhebliche Unterschiede und ebenso geschichtliche Entwicklungen, die sich an pastoralen Bedürfnissen orientiert haben", betonte Kasper.
Die Frage, ob Frauen zu Diakoninnen geweiht werden können, ist seit Jahren eine Streitfrage innerhalb der katholischen Kirche. Mehrere von Päpsten eingesetzte Kommissionen haben sich bereits damit befasst, ohne zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Auch eine Entscheidung des Papstes steht aus. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) hatte 1994 lediglich festgestellt, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen zu Priesterinnen zu weihen. Eine Aussage zu Diakoninnen enthielt das Dokument nicht. Die Weltsynode, die am vergangenen Sonntag beendet wurde, hat in ihrem Abschlussdokument die Frage nach der Diakoninnenweihe als offen bezeichnet.
Alternative zu aggressiven Streitgesprächen
Insgesamt zeigte sich Kasper zufrieden mit der Weltsynode, die am Sonntag beendet wurde. Die Art der Beratungen sei eine "wohltuende Alternative zu aggressiven Streitgesprächen und der ganzen Unkultur, die heute in der politischen und leider auch in kirchlichen Debatten vorherrscht" gewesen. Dort blieben am Ende "nur vermeintliche Sieger und gedemütigte, verwundete Besiegte" übrig. Bei den Beratungen in Rom sei es anders gewesen: "Bei der Synode konnten wir uns mit übergroßer Mehrheit synodal, das heißt gemeinsam auf den Weg machen."