Kardinal Woelki würdigt verstorbenen Rupert Neudeck

Visionär, Kämpfer und Vorbild

"Er war mir ein Vorbild", so würdigt der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki bei domradio.de seine Verbindung zum verstorbenen Theologen und "Cap Anamur"-Gründer Rupert Neudeck. Heute fand in Köln die Trauerfeier für Neudeck statt.

Kardinal Woelki (DR)
Kardinal Woelki / ( DR )

domradio.de: Wie waren Sie mit Rupert Neudeck verbunden? Waren Sie auch befreundet?

Rainer Maria Kardinal Woelki: Nein, aber mit ihm verbunden. Ich habe ihn vor vielen Jahren kennengelernt, zunächst über das Radio. Ich war von seinen Reportagen und Analysen begeistert. Als ich später dann im Collegium Albertinum die Verantwortung für die Priesterausbildung getragen habe, hatte ich ihn einmal zu einem Festakt eingeladen. Da sollte er anlässlich des Patroziniums den Festvortrag halten, und da sind wir uns das erste Mal begegnet. Im weiteren Verlauf ist es immer mal wieder zu Begegnungen bekommen. Im vergangenen Jahr haben wir dann gemeinsam diese große Aktion "23.000 Glockenschläge" für die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge veranstaltet.

domradio.de: Was war denn für Sie das Besondere an Rupert Neudeck?

Woelki: Das Besondere war sein ungeheures Engagement, seine Kompromisslosigkeit und zugleich auch seine Herzlichkeit. Bei dem Mann stimmten Wort, Tat und Idee überein. Das war eine Einheit. Ihn zeichnete auch sein unbestechlicher Blick auf die Not der Menschen aus, und dabei hat er sich von nichts und niemandem abhalten lassen. Er hatte eine Vision, eine Idee, für die er gelebt und gekämpft hat. Dafür ist er mir ein Vorbild.

domradio.de: Rupert Neudeck hat sich selber als bärbeißigen "Querkopf" beschrieben. Andere sagen, er konnte schon mal ruppig werden. Braucht man das in so einer Position?

Woelki: Ich glaube schon, dass man das braucht. Ich denke, wenn er nicht diese Haltungen gehabt hätte, dann wäre eine "Cap Anamur" nie in See gestochen. Dann hätte man sich einfach zurückgelehnt und die Menschen wären weiter ertrunken. Es hätte keine Hilfe stattgefunden. Er sich damals ja auch sehr stark gegen die Politik durchsetzen müssen und auch viel Kritik dafür geerntet, dass er so viele Menschen auf die "Cap Anamur" aufgenommen hat. Ich hab im Blick auf die Aktion der "23.000 Glockenschläge" eigentlich ähnliches erlebt. Das war auch nicht so einfach umzusetzen. Da waren zunächst auch viele Widerstände zu überwinden und viele Genehmigungen einzuholen. Aber Rupert Neudeck hat mir mit seiner Beharrlichkeit - mir gegenüber mit einer freundlichen Beharrlichkeit - immer Mut und Kraft gegeben. Es ist viel von seinem Elan und Optimismus in diesen Dingen dann auch auf mich übergegangen. Ich finde, dass diese Haltung einfach notwendig ist, wenn man etwas erreichen und umsetzen will.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Trauerfeier für Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck / © Oliver Berg (dpa)
Trauerfeier für Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck / © Oliver Berg ( dpa )
Quelle:
DR