"Viva il Papa" schallt es vor dem St.-Louis-Krankenhaus, als Papst Franziskus im Papamobil winkend und segnend durch eine jubelnde Schar von Katholiken fährt, die Zugang zum Gelände des katholischen Hospitals in Bangkok erhalten haben. Es sind Mitarbeiter des Krankenhauses und der drei Schulen unter der Leitung des Ordens St. Paul de Chartres sowie einige Gäste, die Karten für den ersten öffentlichen Auftritt des Papstes ergattern konnten.
Vor den hohen Zäunen und geschlossenen Toren des Hospitals hat sich eine recht übersichtliche Gruppe Schaulustiger in der Hoffnung eingefunden, einen kurzen Blick auf den Papst erhaschen zu können.
Unter ihnen ist Varaya Phungtonpian, die auf Pappe ein rotes Herz gemalt und auf einem zweiten Schild den Papst mit "Benvenuto" sowie auf Thai mit "Yin Dee Thon Krap" willkommen heißt. Die elegant gekleidete Mittfünzigerin ist die personifizierte religiöse Vielfalt.
"Ich bin Buddhistin wie mein Vater. Meine Mutter ist Muslimin und ich habe als Kind protestantische und katholische Schulen besucht", erzählt sie.
615 Kilometer angereist, um den Papst zu sehen
Die Katholikin Runu Mankatanyoo ist extra aus dem 615 Kilometer von Bangkok entfernten Ubon Ratchathani angereist, um Franziskus für ein paar Sekunden zu sehen. "Diese Gelegenheit bekommt man nur einmal im Leben", sagt die Tochter eines buddhistischen Vaters und einer katholischen Mutter.
Aus dem Isan, der armen Region im Nordosten Thailands, wo etwa ein Drittel der thailändischen Bevölkerung lebt, ist auch die Polin Matgorzata Nseibeh nach Bangkok kommen. "Die Liebe zum Papst wird uns Polen ja quasi in die Wiege gelegt", sagt die Frau, die an der Universität Khon Kaen Deutsch unterrichtet.
Über die geringe Zahl von Schaulustigen wundert sich die seit acht Jahren mit ihrem Kölner Ehemann in Thailand lebende Nseibeh nicht. "Der Papstbesuch wurde sehr niedrig gehängt. In unserer kleinen katholischen Gemeinde in Khon Kaen gab es erst vor einer Woche detaillierte Informationen."
Mormonen im Missionseinsatz
Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Politische Beobachter in Bangkok vermuten, dass die Regierung angesichts der fragilen politischen Situation in Thailand größere spontane Versammlungen vermeiden will.
Eine Gruppe junger westlicher und asiatischer Männer spricht auf der Straße vor dem St.-Louis-Krankenhaus so ziemlich jeden freundlich an. Zum Auftakt der Visite sagen sie nette Dinge über den Papst.
Sie tragen das blau-gelbe Outfit der offiziellen ehrenamtlichen Ordner, obwohl sie nicht dazugehören. Die Männer entpuppen sich als Mormonen im Missionseinsatz unter Katholiken.
Zehntausende Teilnehmer im Nationalstadion
Der nächste öffentliche Auftritt des Papstes und zugleich der Höhepunkt seiner Bangkokvisite ist an diesem Donnerstag die große Messe mit Zehntausenden Teilnehmern im Nationalstadion, die live per Video auf den benachbarten Sportplatz übertragen wird. Am frühen Nachmittag schon ist die Himmelszug (Skytrain) genannte Hochbahn in Bangkok voller Katholiken auf dem Weg zur Messe.
Unter ihnen ist Thantip Theerrachatskul samt ihrer kleinen Tochter im Kinderwagen. "Ich bin nervös", gibt sie zu. "Ich bin Mitglied des Chors, der während der Messe singen wird."
Vor dem Stadion neben dem bekannten Einkaufstempel MBK, vor dem gerade der Weihnachtsbaum aufgebaut und in poppigem Design "Happy New Year 2020" gewünscht wird, strömen die Menschen zum Stadion. Darunter sind auch viele Gläubige aus Nachbarländern. John Suppawich, ein 21 Jahre alter thailändischer Seminarist, begleitet eine Gruppe vietnamesischer Katholiken aus Ho-Chi-Minh-Stadt. "Das sind Verwandte des Direktors des Camillian Social Center in Rayong für Menschen mit HIV, in dem ich zur Zeit arbeite", sagt Suppawich.
Eine besonders weite Anreise hatte Chosmas Phatra Kupa. Der 27 Jahre alte Katholik ist ein Angehöriger des Stammes der Toraja auf der indonesischen Insel Sulawesi. Das Priesterseminar im entlegensten Winkel von Borneo hat Kupa nach einigen Monaten geschmissen, was seinem tiefen und festen Glauben aber keinen Abbruch getan habe, wie er betont. Das mit gläsernen Glitzersteinchen besetzte Kreuz an der Halskette scheint besonders intensiv zu funkeln, als er sagt: "Ich glaube an Gott und freue mich sehr auf den Papst."