Es liegt nahe, in diesen Tagen Parallelen zum Fußball zu ziehen. In Mainz endete am Samstag die zweite Sitzung des Synodalen Ausschusses. Wollte man die Debatte über Reformen in der katholischen Kirche in Deutschland mit einem Fußballturnier vergleichen, wäre jetzt bald die erste Final-Runde erreicht.
Anders gesagt: Nachdem die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) 2019 den Anstoß zum Reformprojekt Synodaler Weg gaben und in den folgenden vier Jahren die Vollversammlung des Synodalen Weges sozusagen das Spielfeld absteckte, geht es nun ans Eingemachte.
Der Synodale Ausschuss soll unter anderem einen Synodalen Rat einrichten. Und dieser Schritt wird im Vatikan mit Argwohn beobachtet. Denn in diesem Synodalen Rat sollen eines Tages Bischöfe und Laien nicht nur gemeinsam beraten, sondern auch gleichberechtigt entscheiden.
"Ohne Rom geht gar nichts"
Das aber ist für Rom ein grober Verstoß gegen die Spielregeln. Das letzte Wort habe immer der Bischof, betonte der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth als Gastreferent in Mainz.
Er fügte hinzu: "Ohne Rom geht gar nichts." Auch hier greift eine Parallele zum Fußball: Es ist ähnlich wie in den EM-Stadien, wo nichts ohne das Placet der UEFA geht. Sie bestimmt sogar, welches Bier ausgeschenkt wird.
Immerhin: Der Vatikan habe im Frühjahr "das Go" für den Synodalen Ausschuss gegeben, erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zu Beginn des Treffens. Allerdings mit einer Einschränkung: Alle Beschlüsse müssen vom Vatikan abgesegnet ("approbiert") werden.
Ende des Monats wird deshalb eine Bischofs-Delegation erneut nach Rom reisen. Und vermutlich wird sich dieser Doppelpass zum Jahreswechsel wiederholen, wenn der Synodale Ausschuss im Dezember seine dritte Sitzung absolviert haben wird.
Rom kann also jederzeit die Rote Karte ziehen. Das wäre ein Desaster, warnte der Aachener Bischof Helmut Dieser. Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl mahnte, deshalb besser vorher gut auszuloten, was möglich und machbar sei. Einen abrupten Abbruch des Spiels will wohl niemand riskieren.
Trotzdem gibt es weiterhin eine spielstarke Gruppe, die offensiver agieren und mehr Räume öffnen will für Änderungen in der Kirche. Die Themen liegen nach wie vor auf dem Tisch: Rolle der Frauen, Macht der Bischöfe, katholische Sexualmoral, priesterliche Lebensform.
Auch Bätzing zählte sich im Interview von katholisch.de und Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) eindeutig zum "Team Zuversicht", das sich nicht nur auf die Defensive beschränken will: "Ich will, dass wir uns verändern. Wir müssen uns verändern. Das ist der Anspruch, den 96 Prozent der Katholikinnen und Katholiken an uns stellen. Und es ist der innere Anspruch, der aus dem Skandal des Missbrauchs hervorgewachsen ist."
Anspruchsvolle Aufgaben für drei neue Kommissionen
Manches hat die Vollversammlung des Synodalen Weges abgeräumt. Den Ball soll nun eine von drei Kommissionen des Synodalen Ausschusses aufnehmen. Eine zweite Kommission beschäftigt sich mit der Frage, wie die beim Synodalen Weg erzielten Ergebnisse umgesetzt wurden. Abschließend wird darüber eine letzte Vollversammlung des Synodalen Weges 2026 befinden.
Die wohl anspruchsvollste Aufgabe liegt bei der dritten Kommission: die Vorarbeit für den Synodalen Rat. Bei dem Treffen in Mainz wurde deutlich: Dem aus aktuell 70 Mitgliedern bestehenden Gremium stehen noch schweißtreibende Debatten bevor.
Als "Arbeitssitzung" wurde die Zusammenkunft mehrfach bezeichnet. Manche Teilnehmer bewerteten die Aussprachen im Vergleich zu den Vollversammlungen als tiefgründiger, auch wenn sich die Tagesordnung eher technisch las. An anderen Stellen waren die Debatten hochtheologisch und gingen tatsächlich ans Eingemachte. Dabei war immer wieder zu spüren, dass viel auf dem Spiel steht. Auch in der Frage, mit welcher Taktik die deutsche Synodalmannschaft gegenüber der Öffentlichkeit und dem Vatikan in die nächsten Runden gehen will.
Vier Bischöfe beobachten vom Spielfeldrand
Antworten darauf werden sich in den kommenden Monaten abzeichnen. Nach wie vor fehlen bei den Bischöfen vier Schlüsselspieler: Rainer Maria Woelki (Köln), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Gregor Maria Hanke (Eichstätt).
Sie wollen das Ganze vorerst von der Seitenlinie beobachten - und die Ergebnisse der von Papst Franziskus einberufenen Weltsynode abwarten. Im Herbst wird es soweit sein.
Schließlich wäre da noch, um den Fußball-Vergleich abzurunden, das Publikum. Viele Katholiken kommen gar nicht mehr ins Stadion oder sind sogar dabei, aus unterschiedlichsten Gründen ihrer Kirche den Rücken zu kehren. Nach bald fünf Jahren intensiver und oft hochtheologischer Debatten wird die deutsche Synodalmannschaft auch zu verhindern haben, dass sie irgendwann vor leeren Rängen spielt.