Kirche gegen "Unterbietungswettbewerb" bei Flüchtlingshilfe

"Menschenwürdige Antworten" nötig

Bei ihrem siebten Flüchtlingsgipfel warb die katholische Kirche in Deutschland für menschenwürdige Lösungen in der Asylpolitik. Die jüngste Schiffskatastrophe im Mittelmeer zeigt die Dringlichkeit des Problems.

Eine freiwillige Helferin erwartet im Kölner Hauptbahnhof Flüchtlinge aus der Ukraine / © Adelaide Di Nunzio (KNA)
Eine freiwillige Helferin erwartet im Kölner Hauptbahnhof Flüchtlinge aus der Ukraine / © Adelaide Di Nunzio ( KNA )

Der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße hat vor einem "flüchtlingspolitischen Unterbietungswettbewerb" gewarnt.

Angesichts der großen Herausforderungen bei der Versorgung und Integration geflüchteter Menschen "helfen Polarisierungen nicht weiter", erklärte der Hamburger Erzbischof am Donnerstag in Berlin.

Erzbischof Stefan Heße im Gespräch / © Max von Lachner (SW)
Erzbischof Stefan Heße im Gespräch / © Max von Lachner ( SW )

"Stattdessen bedarf es pragmatischer und auf jeden Fall menschenwürdiger Antworten im Einklang mit völkerrechtlichen Grundsätzen", forderte der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz beim siebten Flüchtlingsgipfel der katholischen Kirche in Deutschland.

Schockiert über Untergang eines Flüchtlingsbootes

Zur Begründung verwies Heße auf den jüngsten Untergang eines Flüchtlingsbootes vor der griechischen Küste und äußerte sich schockiert über die mehreren hundert ertrunkenen Menschen. "Wir dürfen die Rettungsversuche nicht den Nichtregierungsorganisationen überlassen", mahnte der Erzbischof, "sie sind auch eine gemeinsame Aufgabe der europäischen Staaten".

Zugleich kritisierte Heße, der auch die Migrationskommission der Bischofskonferenz leitet, die jüngste Einigung der EU-Innenminister auf eine einheitliche Asylpolitik, die auf eine Verschärfung hinausläuft, als Rückschritt mit Blick etwa auf Flüchtlinge mit Kindern.

Flüchtlinge an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei / © kardinal41 (shutterstock)
Flüchtlinge an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei / © kardinal41 ( shutterstock )

Solche besonders schutzbedürftigen Geflüchtete standen beim Flüchtlingsgipfel im Zentrum der Beratungen. Vor rund 100 Fachleuten rief Heße dazu auf, geeignete Formen der Unterstützung für sie anzubieten. Beispielhaft nannte der Erzbischof "Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, Personen mit Traumafolgen, unbegleitete minderjährige Geflüchtete, Betroffene von Menschenhandel oder sexualisierter Gewalt, Geflüchtete, die wegen ihres Geschlechts oder ihrer Sexualität Gewalt erfahren haben".

Heße räumte ein, dass die katholische Kirche ihr Engagement für schutzbedürftige Menschen mit nicht-heterosexueller Orientierung noch erheblich verstärken müsse.

Forderung nach fairen Asylverfahren

Friederike Foltz vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) erklärte, für ein faires Asylverfahren müssten besondere Belastungen von Geflüchteten frühzeitig erkannt und berücksichtigt werden. Die Theologin Anja Middelbeck-Varwick (Frankfurt/Main) wertete das Engagement für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge als eine Form des nach christlicher Tradition geforderten Dienstes am Nächsten.

Hand eines Asylbewerbers hinter Maschendrahtzaun / © Jens Büttner (dpa)
Hand eines Asylbewerbers hinter Maschendrahtzaun / © Jens Büttner ( dpa )

Angesichts wieder stark steigender Flüchtlingszahlen warb der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Hans-Eckhard Sommer, für die Forderung, Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern soweit möglich zurückzuführen.

Dagegen empfahl die innenpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Lamya Kaddor, Flüchtlingen leichter eine "Spurwechsel" in die Regelungen für Arbeitsmigranten zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang warnte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa die Kirche davor, in der Flüchtlingspolitik ideale Lesungen einzufordern. Angesichts der komplexen Probleme müssten bis zu einem gewissen Grad auch "widersprüchliche Lösungen" hingenommen werden.

Katholische Flüchtlingsgipfel

Um die Expertise der kirchlichen Flüchtlingshilfe zu bündeln hat der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg), seit 2015 Praktiker, Experten und Ehrenamtliche, die sich bei der Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen engagieren, zu einem regelmäßigen Katholischen Flüchtlingsgipfel eingeladen. Dieser dient vor allem dazu, Fachleute und Praktiker zusammenzuführen, zu vernetzen, über konkrete Themen kirchlicher Flüchtlingshilfe zu beraten und Perspektiven zu erarbeiten.

 © Victoria Jones (dpa)
© Victoria Jones ( dpa )
Quelle:
KNA