Kirche kritisiert "Skandal" um Kiewer Höhlenkloster

"Schändliches Verhalten"

Mit dem Krieg in der Ukraine mehren sich auch Konflikte der beiden orthodoxen Kirchen. Gegen die traditionell mit Moskau verbundene Kirche gibt es schwere Vorwürfe. Nun ergreift die katholische Kirche vor Ort das Wort.

Das Höhlenkloster in Kiew / © Sergij Bortnyk (privat)
Das Höhlenkloster in Kiew / © Sergij Bortnyk ( privat )

Kiews griechisch-katholische Kirche hat die Ereignisse rund um das Höhlenkloster in der ukrainischen Hauptstadt als einen Skandal bezeichnet. "Es schmerzt uns sehr, all das zu sehen, was um die Lawra herum geschieht", sagte das Oberhaupt der mit Rom verbundenen Kirche, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, in einem Radiointerview (Mittwochabend). Er warf Angehörigen der traditionell Moskau unterstehenden Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) ein "schändliches Verhalten vor", das manchmal dem von Oligarchen ähnele.

"Herausforderung für die öffentliche Moral"

Das stelle eine "Herausforderung für die öffentliche Moral" dar, so Schewtschuk. Er wolle niemanden verurteilen; doch der Vorgang treffe alle und schade automatisch dem Ansehen der Kirche. Wenn eine Kirche ihre Glaubwürdigkeit verliere, könne dies eine starke Säkularisierungswelle auslösen. Schewtschuk forderte ein entschiedeneres Vorgehen gegen Geistliche der UOK, die für Russland arbeiteten. Hier habe es manchmal an einer klaren Politik gefehlt: "Der Staat muss Kollaborateure und Verräter bestrafen."

"Wir werden die Schritte der Behörden genau beobachten"

Der Großerzbischof rief beide Seiten auf, sich an das Gesetz zu halten. "Wir werden die Schritte der Behörden genau beobachten, da sie heute nicht vollständig verstanden werden, insbesondere nicht von der internationalen Gemeinschaft", so der 52-Jährige. Wenn der Staat nun die Einhaltung von Gesetzen verlange, dann liege auf der Hand, dass sich jene verfolgt fühlten, die die Gesetze nie respektiert hätten.

Die Regierung hatte die lange dem Moskauer Patriarchat unterstehende Ukrainisch-Orthodoxe Kirche im März aufgefordert, das Höhlenkloster in Kiew zu verlassen. Die Klosteranlage gehört rechtlich dem Staat. Die UOK ignorierte aber die Kündigung des Pachtvertrags und weigert sich, ihr Hauptheiligtum zu räumen. In dem Kloster und der dortigen Theologischen Akademie leben rund 200 Mönche und etwa ebenso viele Seminaristen. Der Streit um die Räumung der Abtei mit dem Ehrentitel "Lawra" wird nun vor einem Wirtschaftsgericht ausgetragen. Das Kulturministerium begründete die Vertragskündigung damit, dass die UOK gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen und ohne Erlaubnis Gebäude auf dem Klosterareal errichtet habe.

Mutmaßliche Anstiftung zu interreligiöser Feindschaft und Hass

Die Staatsanwaltschaft erhob zudem Anklage gegen den Abt des Klosters, Metropolit Pawlo, wegen mutmaßlicher Anstiftung zu interreligiöser Feindschaft und Hass sowie Rechtfertigung oder Leugnung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Ein Gericht stellte ihn Anfang April als erste präventive Maßnahme für 60 Tage unter Hausarrest. Der Strafprozess, bei dem dem Abt bis zu fünf Jahre Haft drohen, steht noch aus.

Von den beiden orthodoxen Kirchen der Ukraine hatte die UOK lange dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. unterstanden, der Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstützt. Erst im Mai 2022 sagte sie sich von ihm los und erklärte sich für unabhängig. Die Regierung unterstützt jedoch die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU), die im Dezember 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründet wurde. Die OKU ging aus zwei Kirchen hervor, die sich bereits vor mehr als 30 Jahren vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten.

Nach UOK und OKU zählt die griechisch-katholische Kirche mit knapp zehn Prozent der Ukrainer die drittmeisten Gemeinden im Land. Diese Kirche feiert ihre Gottesdienste wie die orthodoxen Kirchen im sogenannten byzantinischen Ritus, ist aber mit Rom verbunden.

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
KNA