Das schreibt Bischof Georg Bätzing in einem am Freitag in Bonn veröffentlichten Grußwort zum jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana, das an diesem Sonntagabend beginnt und bis Dienstag dauert. Das Neujahrsfest leitet in diesem Jahr das Jahr 5783 nach Erschaffung der Welt ein. Bätzings Grußwort richtet sich an den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, an Rabbinerinnen und Rabbiner sowie insgesamt an die jüdische Gemeinschaft. Darin übermittelt er Friedens- und Segenswünsche.
Ukraine im Mittelpunkt
Der Limburger Bischof schreibt zugleich mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, dass der Wunsch nach Frieden für die Menschen in Europa eine neue Dringlichkeit bekommen habe. Der Angriff Russlands habe deutlich gemacht, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit sei. "Uns alle erschüttern die Zerstörung ganzer Städte wie Mariupol, die gezielten Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Kindergärten und Krankenhäuser oder die Massaker an der Zivilbevölkerung wie in Butscha." Der Krieg sei "auch ein Angriff auf die moralischen und rechtlichen Wahrheiten, die wir für selbstverständlich halten. Deshalb gilt der Ukraine unsere Solidarität."
Der Bischof lenkte den Blick darüber hinaus auf judenfeindliche Vorfälle in Deutschland und die Antisemitismusvorwürfe im Zusammenhang mit der documenta. "Auch innerhalb unseres Landes sind die Grundwerte der Demokratie nicht mehr für alle selbstverständlich." Der "alltägliche Antisemitismus" etwa in Schulen dürfe nicht aus dem Blick geraten.
Der Zentralrat habe in den vergangenen Monaten wichtige Initiativen ergriffen, die eine größere öffentliche Beachtung verdienten, so Bätzing. "Es freut mich sehr, dass in diesem Schuljahr das Projekt 'Zusammen gegen Antisemitismus' an den katholischen und evangelischen Schulen in Niedersachsen beginnt." Dieses "Rüstzeug" helfe, Antisemitismus zu erkennen, vorzubeugen und "pädagogisch zielführend" zu reagieren.
Auch Kirchen in NRW gratulieren zum jüdischen Neujahrsfest
Die beiden großen Kirchen in Nordrhein-Westfalen haben ebenfalls den Juden zu ihrem bevorstehenden Neujahrsfest gratuliert. Sie wünschen ihnen "Schana tova umetukka, ein segensreiches neues Jahr 5783", wie es in dem Text heißt. Das Fest beginnt an diesem Sonntagabend und dauert bis Dienstag.
In ihrem Grußwort verweisen auch die NRW-Kirchen auf den Krieg in der Ukraine, der "auf schreckliche Weise" zeige, "wie zerbrechlich und kostbar zugleich Frieden in der Welt ist". Zugleich gebe es in Deutschland eine große Hilfsbereitschaft auch aufgrund vieler Juden, die selbst in den vergangene Jahrzehnten aus der Ukraine, Russland und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken in die Bundesrepublik gekommen seien.
Der Krieg erinnere zudem daran, dass Flucht und Vertreibung zur Geschichte von Jüdinnen und Juden gehört, so die Kirchenleitungen der katholischen Bistümer Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn sowie der Lippischen Landeskirche, der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche von Westfalen. "Als Christinnen und Christen bekennen wir, dass wir oft für Flucht und Vertreibung, für Unsicherheit und Ungerechtigkeit verantwortlich waren. Zunehmend lernen wir hieraus."