Kirchenspaltungen befeuern laut Papst nach wie vor Konflikte

"Zusammen vorwärts oder wir bewegen uns gar nicht"

Spaltungen unter Christen begünstigen nach Aussage des Papstes nach wie vor politische und militärische Konflikte. Er äußerte sich am Freitag vor der Vollversammlung des vatikanischen Ökumenerates und gab eine Warnung mit auf den Weg.

Autor/in:
Roland Juchem
Papst Franziskus spricht / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus spricht / © Alessandra Tarantino ( dpa )

"Wer aus Gewohnheit oder Resignation die Spaltungen zwischen den Christen ignoriert, duldet die Verunreinigung der Herzen, die einen fruchtbaren Boden für Konflikte bildet", so der Papst.

Angesichts des Ukraine-Krieges müssten alle Kirchen sich fragen, was sie getan haben und noch tun können, um zu einer friedlichen Weltgemeinschaft beizutragen.

Die bisherige ökumenische Bewegung, so Franziskus weiter, sei von der Einsicht getrieben gewesen, dass konfessionelle Spaltungen zum politischen und militärischen Unfrieden vielfach beigetragen haben.

Auf Gottes Hilfe vertrauen

Angesichts der Barbarei des Ukraine-Krieges müsse diese Sehnsucht neu genährt werden. Die christliche Friedensbotschaft könne nur dann glaubwürdig sein, "wenn sie von Christen verkündet wird, die endgültig in Jesus, dem Friedensfürsten, versöhnt sind". Christliche Liebe und Geschwisterlichkeit müsse "über die Grenzen der eigenen Gemeinschaft und Nation hinausgehen".

Im Übrigen habe die Pandemie gezeigt, dass alle Christen die gleiche Zerbrechlichkeit teilten und nur auf Gottes Hilfe vertrauen könnten.

Gottesdienstbesucher mit Maske / © Harald Oppitz (KNA)
Gottesdienstbesucher mit Maske / © Harald Oppitz ( KNA )

Diese gemeinsame Schwäche habe Christen einander näher gebracht. Im weiteren ökumenischen Dialog dürfe diese Erfahrung nicht verloren gehen. "Es ist einem Christen heute nicht mehr möglich, nicht mehr praktikabel, in seiner Konfession allein zu bleiben. Entweder bewegen wir zusammen vorwärts oder wir bewegen uns gar nicht", mahnte der Papst.

An den Beratungen des Päpstlichen Ökumenerates, der seit Dienstag im Vatikan tagte, hatten erstmals Vertreter anderer Konfessionen - wenn auch online - teilgenommen. Dabei trugen sie ihre Überlegungen zu einem gemeinsamen Ostertermin von Ost- und Westkirchen sowie zum bevorstehenden 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nicäa (325 n.Chr.) vor.

Das Konzil nahe des heutigen Istanbul formulierte das wichtigste christliche Glaubensbekenntnis und klärte grundsätzliche Fragen zum Verhältnis zwischen Jesus von Nazareth und Gottvater.

Im Jahr 2025 ein Heiliges Jahr geplant

Da 2025 in der katholischen Kirche ein Heiliges Jahr geplant sei, müsse dies eine "bedeutsame ökumenische Dimension" haben. Zugleich, so Franziskus weiter, erinnere der synodale, wenn auch nicht immer konfliktlose Umgang der frühen Kirche im vierten Jahrhundert die katholische Kirche heute daran, dass sie selbst noch synodaler werden müsse.

Kurienkardinal Kurt Koch und Papst Franziskus (r.) / © Cristian Gennari (KNA)
Kurienkardinal Kurt Koch und Papst Franziskus (r.) / © Cristian Gennari ( KNA )

Wie die vatikanische Ökumenebehörde auf ihrer Website mitteilte, sprachen die Theologinnen und Theologen unter Leitung von Kardinal Kurt Koch bei ihren dreitägigen Beratungen zudem über ein Studiendokument des Rates mit dem Titel "Der Bischof von Rom: Primat und Synodalität im ökumenischen Dialog". Auch war per Videoschaltung der griechisch-katholische Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk von Kiew zugeschaltet. Er ist selbst Mitglied des Ökumenerates und sprach über die ökumenischen Konsequenzen des Ukraine-Krieges.

Die letzte Plenumssitzung des Rates fand im November 2021 online statt. Dabei war es um Ökumene in der Pandemie gegangen. Davor tagte der Rat letztmals im September 2018 zum Thema "Pfingstler, Charismatiker und Evangelikale: Auswirkungen auf das Konzept der Einheit".

Ökumene

Der Begriff "Ökumene" stammt aus dem Griechischen und heißt wörtlich übersetzt "die ganze bewohnte Erde". Gemeint sind die Bemühungen um die Einheit aller getrennten Christen. Die Ökumenische Bewegung ging zunächst von evangelischer Seite aus; als Beginn gilt die Weltmissionskonferenz von Edinburgh im Jahr 1910. Sie führte 1948 zur Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen (Weltkirchenrat, ÖRK) mit Sitz in Genf. Ihm gehören heute 349 reformatorische, anglikanische und orthodoxe Kirchen mit 560 Millionen Christen in 110 Ländern an.

Bewegung in der Ökumene / © Paul Sklorz (KNA)
Bewegung in der Ökumene / © Paul Sklorz ( KNA )
Quelle:
KNA