Charlotte Knobloch rät den Mitgliedern ihrer Gemeinde, auf das Tragen jüdischer Symbole zu verzichten. Das sagte die 92-Jährige am Donnerstagnachmittag im Rahmen einer Vorlesung an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität. Es war die erste Vorlesung im Rahmen ihrer Gastprofessur.
Die ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden könne es verstehen, wenn Juden Deutschland verlassen. Deutschland war einmal ihrer Heimat, sei es zurzeit aber nicht mehr, so die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in München.
Gastprofessur könne Dialog wiederbeleben
Um hinter den Titel ihres Buches "In Deutschland angekommen" ein Ausrufzeichen zu setzen, bräuchte es positive Veränderung. Für die Vorlesung in Düsseldorf hatte sie stattdessen ein Fragezeichen gesetzt.
Nach Einschätzung Knoblochs bietet die Gastprofessur allerdings eine "Möglichkeit, dem ins Stocken geratenen Gespräch zwischen der jüdischen Gemeinschaft und der Mehrheitsgesellschaft einen neuen Impuls zu geben". Laut der Universität soll diese außerdem den gesellschaftlichen Diskurs über die Hochschule hinaus fördern.
Eine der prominentesten jüdischen Persönlichkeiten
Die Gastprofessur wird auf Vorschlag von Rektorin oder Rektor an meinungsstarke und engagierte Persönlichkeiten verliehen. Erster Gastprofessor war 1991 der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki; zuletzt war es Campino, Sänger der Düsseldorfer Band Die Toten Hosen.
Charlotte Knobloch ist eine der prominentesten jüdischen Persönlichkeiten in Deutschland. Die Münchnerin überlebte die Verfolgung durch die Nationalsozialisten in einem Versteck auf dem Land in Franken. Nach Kriegsende kehrte sie in ihre Geburtsstadt zurück.
Seit 1985 steht Knobloch an der Spitze der Münchner Kultusgemeinde. Von 2006 bis 2010 führte sie den Zentralrat der Juden in Deutschland.