DOMRADIO.DE: Sie sind neuer Beauftragter. Welche Pläne und Vorhaben bringen Sie mit für Ihre neue Aufgabe?
Dr. Holger Dörnemann (Theologe und Beauftragter für Homosexuellenpastoral im Erzbistum Köln): Zuerst einmal freue ich mich, dass dieses zentrale Thema für das Erzbistum Köln nach zweijähriger Vakanz wieder besetzt ist und damit gewissermaßen auch an die große Glocke gehangen wird, wo es meines Erachtens auch hingehört.
Nicht in jedem Bistum in Deutschland gibt es einen eigenen Beauftragten für Homosexuellen-Pastoral. Von daher ist es auch etwas Besonderes, was wir hier in Köln jetzt schon seit 20 Jahren entsprechend fortsetzen und jetzt in meiner Person.
Konkret geht es um Kontaktaufnahme zu einzelnen Personen, zu Verbänden. Am Donnerstag bin ich hier im Katholikenausschuss zur Thematik eingeladen, Kontaktaufnahme, aber eben auch das Vertreten des Anliegens in Kirche und Gesellschaft.
DOMRADIO.DE: Sie haben schon eine Menge Erfahrung in kirchlicher Erwachsenbildung. Sie haben das Referat Ehe und Familie geleitet in der Hauptabteilung Seelsorge im Generalvikariat, Sie sind Religionspädagoge. Wieso braucht es überhaupt ein eigenes pastorales Angebot für Homosexuelle?
Dörnemann: Ich sagte gerade, 20 Jahre ist es her, dass das Pastoralgespräch hier im Erzbistum die Einführung vorgeschlagen hat und sagte, dass wir das brauchen. Einen Arbeitskreis und jemanden, der diesen Arbeitskreis moderiert und leitet und für das Thema insgesamt auch steht.
Das heißt, dafür zu sorgen, dass Homosexuelle in der Kirche ihren Platz haben, anerkannt sind mit ihrer Weise in der Kirche und in der Gesellschaft zu sein und in der Weise, wie sie auch ihre sexuelle Orientierung leben und auch erleben.
DOMRADIO.DE: Die Anerkennung und der Schutz der sexuellen Identität jedes Menschen sind Ihre zentralen Anliegen, heißt es in Ihrer Vorstellung. Wie kann die Kirche diese Anliegen unterstützen?
Dörnemann: Bei der sexuellen Identität geht es um die Lehre der Kirche, aber es geht auch um die Glaubwürdigkeit der Kirche. Bei dem Thema sexuelle Identität ist höchste Achtsamkeit und Sensibilität gefragt, sich dem so zusagen anzunähern.
Da achtet jeder darauf, wie geht Kirche mit dem Thema sexuelle Identität um, nicht nur bei Minderheiten, denn das ist ein Thema jedes Einzelnen. Es ist höchstpersönlich und da ist die Frage des Umgangs mit sexueller Identität, sie betrifft das Gewissenszentrum, meine persönliche Intimität.
Da ist die Chance, auf meine Persönlichkeit übergriffig zu werden, meine Identität so groß, dass Kirche hier gefragt ist, sensibel, achtsam und mit höchster Wertschätzung auf jeden Menschen zu zugehen, gerade auch auf Homosexuelle.
DOMRADIO.DE: Wenn man eine heterosexuelle Sexualität hat, ist das gar kein Thema, aber bei einer homosexuellen ist das plötzlich ein Thema. Warum ist das so?
Dörnemann: Ja, das ist tatsächlich fast schon eine Ungleichbehandlung, wenn man so denkt (lacht). Aber das Thema der Sexualpädagogik ist nicht nur ein Thema der Religionspädagogik, sondern jeglicher Pädagogik.
Wir haben hier in Köln so viele Stellen, die sich mit Sexualpädagogik befassen, im Rahmen des Caritasverbandes, des Beratungsdienstes, in der Schule, es ist also kein Sonderthema.
Einen Heterosexuellen-Beauftragten in Köln bräuchte man eigentlich auch, aber es macht im Grunde auch deutlich, es geht um dasselbe, um sexuelle Identität. Achten wir die Person mit der je eigenen Personenwürde und wie nehmen wir sie auf, wie fördern wir, wie begleiten wir, wie sind wir da?
DOMRADIO.DE: Sie haben zwar gerade erst angefangen, aber vielleicht können Sie uns trotzdem schon einen Einblick in Ihre Arbeit geben. Wie sieht Ihr Alltag als Beauftragter für Homosexuellenpastoral aus?
Dörnemann: Ich bin nicht nur Diözesan-Pastoralbeauftragter für Homosexuellen-Pastoral. Es ist mehr eine Frage von Haltung und Achtsamkeit. Seitdem ich ernannt bin und weiß, dass ich die Aufgabe übernehmen soll, versuche ich darauf zu achten, wie sich das Thema in meinem Arbeitsalltag anfühlt.
Nimmt das Presseamt wahr, dass es das gibt, wird es veröffentlicht, in welcher Weise wird es veröffentlicht? Werde ich von Ihnen eingeladen, zu dem Thema auch gefragt, in wieweit ist die Kirche mit dem Thema auch in der Gesellschaft da, zeigt sie sich?
Ich denke, die Glaubwürdigkeit von Kirche ist an der Stelle insbesondere gefragt, denn es geht hier um mehr als um ein Thema. Es trifft in die Mitte der Glaubenslehre.
DOMRADIO.DE: Blicken wir mal auf den stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, auf den Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Der hat als erster katholischer Bischof des Landes eine Diskussion über die Segnung homosexueller Paare angeregt: "Wir müssen in der Kirche ausführlicher darüber diskutieren. Schweigen und tabuisieren führt nicht weiter und verunsichert". Sehen Sie das auch wie Bischof Bode?
Dörnemann: Sagen wir mal so, der Vorschlag ist so neu nicht. Denn im Rahmen der Familiensynoden, das war 2014/2015 sind schon große Umfragen der Bistümer eingebracht worden. Aus einem Bistum der Kölner Kirchenprovinz wurde genau dieser Vorschlag schon eingebracht, dass es Segnungen geben soll, es war indikativisch formuliert.
Bischof Bode regt das Nachdenken über Segnungen an. Der Jugendbischof Oster sprach ebenfalls von Segnungen von Paaren. Er dachte dabei im vergangenen Jahr im März an heterosexuelle Paare.
Auch das haben wir ja noch nicht in der katholischen Kirche, das Nachdenken über die Segnung von Paaren, die nicht verheiratet sind oder nicht verheiratet werden wollen. Das ist unbedingt angesagt, ein Thema, das glaube ich, diskutiert werden muss, wenn man an der Wirklichkeit nicht vorbei geht.
DOMRADIO.DE: Das wäre dann kein Sakrament aber trotzdem eben eine Segnung.
Dörnemann: Im Benediktionale, im liturgischen Buch der Segnung, haben wir keine Segnungen für Paare. Und das regt Bischof Bode an, ob es das nicht geben könnte, auch mit Hinblick auf Homosexuelle.
DOMRADIO.DE: Er sagt also, man möge doch jetzt anfangen zu diskutieren. Erhoffen Sie sich, dass diese Aussage von Bischof Bode das Thema jetzt nochmal anstachelt?
Dörnemann: Ich weiß, dass das Thema, nicht nur in Osnabrück, in der Pastoralkommission, sondern in ganz Deutschland präsent ist. Das haben die Diskussionen der letzten Jahre gezeigt. Da spricht er aus, was eigentlich in jedem Bistum da ist und diskutiert wird.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.