Kritik und Gratulationen nach Erdogans Wiederwahl

Autokorso und besorgte Mienen

Nach dem Sieg des türkischen Machthabers Recep Tayyip Erdogan in der Stichwahl um das Präsidentenamt hat es Kritik und Glückwünsche gegeben. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte Erdogan zu dessen Wiederwahl.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Symbolbild Ein Mann schwenkt eine türkische Fahne / © arda savasciogullari (shutterstock)
Symbolbild Ein Mann schwenkt eine türkische Fahne / © arda savasciogullari ( shutterstock )

"Angesichts der besonders engen menschlichen, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen unseren Ländern kommt dem deutsch-türkischen Verhältnis ganz besondere Bedeutung zu", erklärte Steinmeier in einem am Montag veröffentlichten Schreiben.

"Ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam zu einer Festigung guter Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern beitragen könnten." Die Herausforderungen in der Welt machten dies umso wichtiger. Steinmeier wünschte der Türkei für die neue Amtsperiode Frieden, Freiheit und Wohlstand und Erdogan selbst bei seiner Amtsführung eine "glückliche Hand".

Deutliches Ergebnis in Deutschland

Bei der Stichwahl bekam der Amtsinhaber laut der Wahlbehörde rund 52 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer, der Sozialdemokrat Kemal Kilicdaroglu, 48 Prozent. Demnach stimmten zwei Drittel der wahlberechtigten Türken in Deutschland für Erdogan, deutlich mehr als im Land selbst.

Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei / © Uncredited/Turkish Presidency/AP (dpa)
Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei / © Uncredited/Turkish Presidency/AP ( dpa )

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte Erdogan. "Ich freue mich darauf, die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei weiter auszubauen", schrieb sie auf Twitter. "Es ist sowohl für die EU als auch für die Türkei von strategischer Bedeutung, an der Weiterentwicklung dieser Beziehungen zum Wohle unseres Volkes zu arbeiten."

Özedmir kritisch

Dagegen zeigte sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) nachdenklich vor allem mit Blick auf Deutschland, "wo die Anhänger von Erdogan feiern, ohne für die Folgen ihrer Wahl einstehen zu müssen". Dies müssten dagegen viele Menschen in der Türkei durch Armut und Unfreiheit, so der Minister, der türkische Wurzeln hat.

Bei Autokorsos von Erdogan-Wählern in Deutschland handle es sich nicht um "Feiern harmloser Anhänger eines etwas autoritären Politikers": "Sie sind eine nicht zu überhörende Absage an unsere pluralistische Demokratie und Zeugnis unseres Scheiterns unter ihnen", so Özdemir. "Sind wir darauf vorbereitet, dass Ultranationalismus und Fundamentalismus nun noch stärker durch neue Imame aus Ankara hierzulande verbreitet werden?", schrieb er auf Twitter.

"Autokorsos verstörend"

CDU-Migrationsexpertin Serap Güler erklärte, es gebe "viele Deutschtürken, die Erdogan besser erreicht als wir. Das muss sich ändern", sagte die Bundestagsabgeordnete der "Bild"-Zeitung (Montag). "Ich finde die Bilder von Autokorsos äußerst verstörend. Wir müssen eine offene und ehrliche Debatte darüber führen, wie wir das ändern können."

Das Ergebnis der Wahl zeige die Spaltung der türkischen Gesellschaft. Aber: "Erdogan hat die Wahl gewonnen, und wir müssen schauen, wie wir mit ihm zusammenarbeiten können. Eine Abwendung kann keine Lösung für uns sein", gab Güler zu bedenken.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn appellierte an die Erdogan-Anhänger in der Bundesrepublik, einen Unterschied zu machen "zwischen der in Deutschland geltenden Rechtsstaatlichkeit und der staatlichen Repression", die unter dem Amtsinhaber in der Türkei herrsche.

"Das türkische Volk hat entschieden", sagte Asselborn dem "Tagesspiegel" (Montag Online/Print Dienstag). Im Vorfeld der Stichwahl habe es seiner Meinung nach eine eindeutige Bevorzugung von Erdogan in den türkischen Medien gegeben. Dieser beantworte seit einem Jahrzehnt politische Kritik mit Repression, so der dienstälteste Außenminister der Europäischen Union.

Autokorsos nach Erdogan-Wahlerfolg

Nach dem Wahlsieg Recep Tayyip Erdogan gab es in NRW am Sonntagabend in mehreren Städten Sympathiebekundungen für den türkischen Präsidenten. In Gelsenkirchen kamen in der Spitze über 1.000 Menschen zusammen, wie die Polizei am Montag mitteilte. Wiederholt sei Pyrotechnik gezündet worden. Gegen einen 34-jährigen Mann erging demnach eine Anzeige. Die Polizei sperrte zur Sicherheit den Bereich zwischen Bismarck- und Hohenzollernstraße sowie Trinenkamp für mehrere Stunden.

Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan fahren in einem Autokorso mit türkischen Fahnen jubelnd durch Duisburg / © Christoph Reichwein (dpa)
Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan fahren in einem Autokorso mit türkischen Fahnen jubelnd durch Duisburg / © Christoph Reichwein ( dpa )
Quelle:
KNA