Kyrill I. äußerte sich in seiner Sonntagspredigt zugleich optimistisch: "Wir glauben, dass der orthodoxe Glaube und die orthodoxe Kirche keinen Schaden durch die gegenwärtigen politischen Prozesse erleiden werden, die hoffentlich schnell enden."
Auf die Gläubigen in der Ukraine werde Druck ausgeübt, nicht in die Kirche des Moskauer Patriarchats zu gehen. Diese werde "beleidigend und blasphemisch 'Kirche der Besatzer' genannt", so der Patriarch. Die Regierung in Kiew halte es aus politischen Gründen nicht für möglich, dass die Mehrheit der orthodoxen Gläubigen der russisch-orthodoxen Kirche angehöre.
Aus Furcht untreu?
Kyrill I. bedauerte auch, dass heute sogar einige aus Furcht in Gottesdiensten nicht mehr des Moskauer Patriarchen gedenken wollten. Er verurteile niemanden, sondern wolle solche Menschen verstehen. "Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass jemand, der im Kleinen untreu ist, auch im Großen untreu sein kann", fügte er hinzu.
Deshalb bete er dafür, dass die Menschen in der Ukraine den orthodoxen Glauben bewahren, "dass sie sich nicht vor dem Druck derer fürchten, die ihnen vorschlagen, sich abzuspalten und so der Regierung gegenüber loyal zu sein".
Protest gegen Kyrill I.
Einzelne Bischöfe der ukrainischen Kirche des Moskauer Patriarchats sprachen aus Protest gegen Kyrills Haltung zum Krieg keine Fürbitten mehr für ihn, was innerorthodox eine besonders schwere Sanktion ist.
Die moskautreue Kirche ist in der Ukraine die Glaubensgemeinschaft mit den meisten Pfarreien. Allerdings bekannten sich in Umfragen deutlich mehr Bürger des Landes zur 2018 gegründeten eigenständigen (autokephalen) orthodoxen Kirche der Ukraine als zu ihr.
Im Gegensatz zu Kyrill I. hatte das Oberhaupt der moskautreuen ukrainischen Kirche, Metropolit Onufri, mehrfach Russlands Präsident Wladimir Putin aufgerufen, den Krieg zu beenden.
Auf der Website seiner Kirche wurde aber auch darüber berichtet, dass einzelne Kirchengemeinden von ukrainischen Nationalisten bedroht worden seien. So hätte etwa ein Kommunalpolitiker ein Gotteshaus in einem westukrainischen Dorf beschlagnahmt.