Der diesjährige Weltwasserbericht der Unesco macht auf große Ungleichheiten beim Zugang zu Wasser aufmerksam. 2,1 Milliarden Menschen hätten keinen Zugang zu sauberem und durchgängig verfügbarem Trinkwasser, heißt es in dem Bericht der Bildungsorganisation der Vereinten Nationen, der am Dienstag in Genf vorgestellt werden sollte. 4,3 Milliarden Menschen können demnach keine sicheren Sanitäranlagen nutzen.
Besonders betroffen seien dabei ohnehin diskriminierte Gruppen wie Arme, Flüchtlinge, Landbewohner oder Slum-Bewohner, erklärte die Unesco zum Weltwassertag am 22. März in Bonn. Unter der Überschrift "Niemanden zurücklassen" erstellte die Unesco den Bericht im Auftrag der Vereinten Nationen.
"Rechte nicht verwirklicht"
"Sicheres Wasser und sichere sanitäre Einrichtungen sind Menschenrechte. Doch für Milliarden Menschen sind diese Rechte nicht verwirklicht", mahnte Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der Deutschen Unesco-Kommission. "Über zwei Milliarden leben ohne sicheres Trinkwasser, 844 Millionen müssen mindestens eine halbe Stunde täglich für die Wasserbeschaffung aufwenden oder sie haben gar keinen Zugang." Burchardt forderte effektivere Investitionen in die Infrastruktur wie Wasseranschlüsse und Sanitärversorgung, gerechte Gebühren sowie mehr Forschung und Innovation.
Selbst in Europa und in Nordamerika hätten 57 Millionen Menschen keine Wasserleitungen in ihren Häusern, erklärte Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay bei der Vorstellung des Berichts. Auch der Zugang zu grundlegenden Sanitäranlagen bleibe 36 Millionen Menschen in Europa und Nordamerika verwehrt. Unter anderem seien indigene, indianische Gemeinschaften in Kanada stark benachteiligt. 40 Prozent von ihnen verfügten über lediglich minderwertiges Trinkwasser - mit gesundheitlichen Folgen.
Viele Betroffene in Afrika
Die Hälfte der Menschen weltweit mit unzureichendem Zugang zu sicherem Trinkwasser lebt dem Bericht zufolge in Afrika. Lediglich 24 Prozent der Bevölkerung Subsahara-Afrikas haben Zugang zu sicherem Trinkwasser. Nur 28 Prozent nutzen sanitäre Einrichtungen, die sie nicht mit anderen Haushalten teilen müssen. Unterschiede zeigen sich auch zwischen Arm und Reich, zwischen Stadt und Land. Slum-Bewohner zahlen häufig zehn bis zwanzig Mal so viel für Wasser wie Bewohner von wohlhabenden Vierteln und erhalten dafür oft Wasser von schlechterer Qualität.
Dabei sind Stadtbewohner meist weiterhin bessergestellt als Bewohner ländlicher Regionen. Im Jahr 2015 hatten nur zwei von fünf Menschen in ländlichen Regionen Zugang zu fließendem Wasser, hingegen vier von fünf in urbanen Räumen. In Städten waren 63 Prozent der Haushalte an ein Abwassersystem angeschlossen, in ländlichen Gebieten dagegen nur neun Prozent.
Wassermangel in Flüchtlingslagern
Für Geflüchtete und Binnenvertriebene bestehen häufig hohe Hindernisse beim Zugang zu Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. In Kolumbien etwa, wo zwischen Mai und Juni 2018 mehr als 440.000 Menschen aus dem benachbarten Venezuela ankamen, fehlt in den Grenzstädten eine ausreichende sanitäre Infrastruktur. Auch in dauerhaften Flüchtlingslagern sei die Wasserversorgung häufig besorgniserregend, heißt es in dem Bericht. In jordanischen Lagern nahe der syrischen Grenze stehen beispielsweise etwa 35 Liter Wasser pro Tag zur Verfügung, entgegen dem von der jordanischen Regierung für Bürger in Städten außerhalb von Amman festgelegten Ziel von 100 Liter pro Tag.
Über zwei Milliarden Menschen weltweit leben in Staaten mit sogenanntem hohen Wasserstress. In diesen Staaten werden mehr als ein Viertel der erneuerbaren Wasserressourcen genutzt. Jüngste Schätzungen zeigten, dass über 50 Staaten von Wasserstress betroffen sind, heißt es in dem Bericht: 31 Länder wie Mexiko und China nutzen zwischen 25 Prozent und 70 Prozent der erneuerbaren Wasserressourcen, weitere 22 Länder mehr als 70 Prozent. Dazu zählen Ägypten und Pakistan.
"Mitverursacher großer Probleme"
In Deutschland werden den Angaben nach seit 15 Jahren weniger als 20 Prozent der erneuerbaren Wasserressourcen genutzt. Deutschland sei auf einem guten Weg, "doch wir sind Mitverursacher der großen Probleme in anderen Weltregionen, durch den Import etwa von Baumwolle oder Rindfleisch, deren Herstellung teils gewaltige Wasserressourcen benötigt", mahnte Burchardt. Sie fordert auch eine neue Landwirtschaftspolitik in Deutschland. Denn nur sieben Prozent der deutschen Flüsse und Bäche seien in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand.