Marienfeier des Deutschen Lourdes Vereins beendet Wallfahrtsjahr

"Eingeladen, Pilger der Hoffnung zu sein"

Für viele Menschen ist Lourdes ein Stück Heimat. Wer einmal da war, den zieht es immer wieder dorthin zurück. Die traditionelle Lourdesfeier im Kölner Dom mit vielen hundert Pilgern ist in jedem Jahr ein Abbild dieser Sehnsucht.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Marienfeier des Deutschen Lourdes Vereins / © Beatrice Tomasetti (DR)
Marienfeier des Deutschen Lourdes Vereins / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Wer auch nur ein Stück von dem erleben will, was in Lourdes geschieht, der sollte an der alljährlichen Marienfeier mit Rosenkranzandacht, Eucharistie und Lichterprozession, die immer am letzten Sonntag im Oktober im Kölner Dom stattfindet, teilnehmen. 

Denn dann bekommt er einen Eindruck von dem, was den Geist des südfranzösischen Wallfahrtsorts in den Pyrenäen mit seinen vielen Beterinnen und Betern ausmacht. Dann wird er Zeuge dieser ganz besonderen Mischung aus selbstverständlich demonstriertem Glauben, berührender Frömmigkeit und praktizierter Solidarität und Nächstenliebe. Immer wieder neu jedenfalls übt das eine magische Anziehungskraft auf Millionen von Besucherinnen und Besuchern aus allen Teilen der Welt aus, so dass Lourdes jährlich in der Summe mehr als sechs Millionen Pilgerreisende zählt – inzwischen wieder genauso viele wie vor der Pandemie. 

Marienfeier des Deutschen Lourdes Vereins / © Beatrice Tomasetti (DR)
Marienfeier des Deutschen Lourdes Vereins / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Für die, die zum ersten Mal kommen, vielleicht nur als Touristen dort angespült werden, ist nicht unbedingt zu greifen, was genau diese besonderen Atmosphäre von Lourdes ausmacht, aber auch sie spüren sofort, dass ihnen alles, was sie hier an Liturgie und Begegnungen erleben, gut tut. Und dass sie verändert, vielleicht auch wie "verwandelt" oder "geheilt" in ihren Alltag heimkehren und sich in ihren Herzen für immer eine gewisse Sehnsucht eingräbt. Das sei das eigentliche Wunder von Lourdes – neben den offiziell anerkannten – heißt es: die Erfahrung von Trost, Zuversicht und Stärkung im Glauben, die nach Wiederholung drängt.

Roswitha Esser, Pilgerin aus Bedburg

"Die vielen gläubigen Menschen, die jeden Tag mit der Prozession gegangen sind, haben mich total beeindruckt. Das kann man gar nicht schildern, das muss man selbst erlebt haben!"

Roswitha Esser aus Bedburg und Elisabeth Broich aus Grevenbroich, beide 80, haben genau das erlebt. Sie gehören zu den knapp 400 Pilgerinnen und Pilger, die 2024 mit dem Deutschen Lourdesverein nach Lourdes und Fatima gereist sind, wie der stellvertretende Vereinsvorsitzende, Pfarrer Wilhelm Darscheid, in seinem Geschäftsbericht vor der Messe bekannt gibt. "Zu unserem runden Geburtstag in diesem Jahr haben wir uns diese Pilgerreise, die wir schon lange einmal machen wollten, endlich gegönnt", erzählen die beiden Schwägerinnen und schwärmen von ihrer ersten Berührung mit Lourdes. "Klar, die Busfahrt war weit", räumt Esser ein, "aber die vielen gläubigen Menschen, die jeden Tag mit der Prozession gegangen sind, oft tief im Gebet versunken waren, haben mich total beeindruckt. Das kann man gar nicht schildern, das muss man selbst erlebt haben!" Nicht ausgeschlossen, dass sie diese Wallfahrt genau so noch einmal mache.

Maria und Georg sind an diesem Nachmittag im Dom, weil sie der Gottesmutter danken wollen für ihr Glück, im letzten Jahr zueinander gefunden zu haben. Die beiden stehen in der ersten Reihe und halten einander während des ganzen Gottesdienstes an der Hand. Sie sind Anfang 60, haben im Februar geheiratet und verstehen ihre unverhofft späte Liebe als Fügung. "Ich selbst war noch nie in Lourdes, und trotzdem hat mich diese wunderschöne Feier so bewegt, dass ich vor Freude geweint habe", gesteht die 62-Jährige sichtlich gerührt. Ihr Mann Georg war schon dreimal in Lourdes und nimmt seit zehn Jahren an der Marienfeier teil, in der sich für ihn Himmel und Erde berührten, wie er sagt. Auch beim Rosenkranzgebet, das immer eine Dreiviertelstunde vor der Messe beginnt, ist er stets mit dabei. Er schätze die jeweiligen Impulse von Pfarrer Darscheid zwischen den einzelnen Gesätzen. Sie würden ihm zeigen, wie wertvoll es sei, sich in allen Anliegen an Maria zu wenden.

Die Kranken haben Vorfahrt

Wer sich später der Lichterprozession durch den Dom anschließt, kommt schnell zu derselben Erkenntnis. Maria als Fürsprecherin anzurufen, sich ihr mit allen Sorgen und Nöten anzuvertrauen, ist eingebettet in eine große Gemeinschaft Gleichgesinnter, die sich in ihrem Glauben gegenseitig stützen. Hier reihen sich alle Generationen ein: kleine Kinder und Jugendliche genauso wie ihre Eltern und viele ältere Menschen, die auf Maria, aber genauso auf die Fürsprache der Heiligen Bernadette etwas geben und vermutlich selbst schon einmal an der Gebetsgrotte gekniet haben und seitdem diese unvergessliche Erfahrung in ihrem Herzen tragen. Dass auch hier in Köln die Kranken in ihren Rollstühlen Vorfahrt haben, versteht sich von selbst. Und alle halten sie das Licht von Lourdes, die kleine Papierlaterne, in ihren Händen, mit der sie eine konkrete Bitte an die Gottesmutter verbinden. Dabei singen sie "Lauda Jerusalem" oder das unverkennbare "Magnificat" – so wie sie es schon oft in Lourdes getan haben. 

Trotz eigenen Leids Hoffnung verbreiten

Und in der Tat muss nur das erste typische Lourdes-Lied mit seinem langgezogenen "Avee, avee, Avee Maria!" angestimmt werden, und schon glaubt man sich in den südfranzösischen Pyrenäenort, die "Stadt der Wunder", wie dieser manchmal auch genannt wird, versetzt. So auch eine junge Malteserin, die als Studentin schon einmal den Lazarettwagen der Zugwallfahrt begleitet hat und sich nun bei diesem Gottesdienst über das Wiedersehen mit den von ihr betreuten Kranken, aber auch die Gemeinschaft im Kollegenkreis freut. "Da wird der Dom zum Heiligen Bezirk", strahlt sie. "Wir begleiten Menschen, die sonst nicht nach Lourdes könnten", erklärt sie und schwärmt von diesem "total spirituellen Ort", der Kranke stärke, Hoffnung schenke und an dem sie selbst für ihren ehrenamtlichen Dienst viel zurückbekomme. "Zu sehen, mit welcher Zuversicht unsere Kranken ihr Schicksal tragen, wie sehr sie an die Kraft dieser Pilgerstätte glauben und trotz eigenen Leids Hoffnung verbreiten, macht mich demütig." Lourdes stehe für ein Geben und Nehmen und sei für sie ein Gnadenort, wo Gott den Menschen spürbar nahe komme.

Pilgerstrom mit Millionen von Gläubigen

Daran erinnert in seiner Predigt auch Monsignore Markus Hofmann, Vorsitzender des Deutschen Lourdesvereins, und an das diesjährige Leitwort des Heiligtums von Lourdes. Demnach hat die Gottesmutter der Heiligen Bernadette am 2. März 1858 aufgetragen: "Gehen Sie und sagen Sie zu den Priestern, man möge in Prozessionen hierherkommen." Bis heute, stellt er fest, würden viele dieser Bitte Mariens folgen – nicht zuletzt über die Wallfahrtsangebote des Lourdesvereins – und sich in den großen Pilgerstrom einreihen, der seitdem ununterbrochen in Lourdes fließe und dem sich Millionen von Gläubigen Jahr für Jahr anschließen würden. "Indem wir gemeinsam, betend und singend einen heiligen Weg beschreiten, bringen wir konkret und sinnenhaft zum Ausdruck, was unser Leben im Großen und Ganzen ausmacht: Wir sind als Pilger auf dieser Erde unterwegs zu unserem himmlischen Vaterhaus, wo Jesus Christus, die Jungfrau Maria und alle Engel und Heiligen uns erwarten", formuliert Hofmann wörtlich.

Markus Hofmann

"Ich kann nicht alleine glauben. Ich brauche das Zeugnis der anderen, und die anderen brauchen mein Glaubenszeugnis."

Ganz wesentlich machten dieses in Prozession Unterwegs-Sein eine innere Verbundenheit und Gemeinschaft im Glauben aus, "auch wenn die Tiefe des Verständnisses intellektuell und in der Praxis des Lebens durchaus unterschiedlich ist". Und: Wer an heiliger Stätte in Prozession unterwegs sei, der sei nicht allein. "Ich kann nicht alleine glauben. Ich brauche das Zeugnis der anderen, und die anderen brauchen mein Glaubenszeugnis", betont der Kölner Domkapitular. Darum habe auch Jesus die zwölf Apostel und anderen Jünger immer mindestens zu zweit ausgesandt. Und darum sei es auch nicht gleichgültig, "ob ich am Sonntag den Bruder, die Schwester im Glauben neben mir durch meine Anwesenheit in der heiligen Messe stärke oder meinem Mitchristen diese Stärkung schuldig bleibe".

Zudem, so Hofmann weiter, brauche es für eine Prozession einen gemeinsamen Weg und ein gemeinsames Ziel: einen heiligen Ort wie Lourdes oder Fatima, wo sich die Gegenwart der anderen Welt gezeigt habe. "Mit der Bitte Mariens, in Prozessionen zu dem Ort zu kommen, wo sie sich gezeigt hat, lädt sie uns ein, uns immer wieder bewusst zu werden, dass diese Welt nicht die ganze Wirklichkeit ist." Und das Gebet gehöre notwendigerweise mit dazu. "Das Gebet ist der Ernstfall des Glaubens – und wer singt, der betet doppelt!"

Markus Hofmann

"Diese Hoffnung braucht die Welt, brauchen die Menschen heute – gerade dann, wenn wir so viel Dunkles und Drohendes erleben."

Hofmann stellt fest, dass Maria durch die inzwischen 70 wissenschaftlich untersuchten und nicht erklärbaren Wunderheilungen in Lourdes, durch das Sonnenwunder am 13. Oktober 1917 in Fatima und durch tausende Gebetserhörungen bewiesen habe, "dass die Welt Gottes real ist und dass der Mensch, der so lebt, als ob es Gott nicht gäbe, an der Realität vorbei lebt". Wer glaube, brauche auch keine Angst zu haben, macht der Seelsorger Mut: "nicht vor Wirtschaftskrisen, nicht vor Krankheit, nicht vor dem Klimawandel – nicht einmal vor Krieg und vor dem Tod!" Denn die Hoffnung, die sich mit Jesu Auferstehung verbinde und in gemeinsamen Wallfahrten und Prozessionen zum Ausdruck komme, lasse den großen Weg der Pilgerschaft des Lebens froh und zuversichtlich gehen. 

"Diese Hoffnung braucht die Welt, brauchen die Menschen heute – gerade dann, wenn wir so viel Dunkles und Drohendes erleben", ruft Hofmann abschließend seinen vielen Zuhörern im Dom entgegen. Und darum sei es auch so wichtig, Hoffnung zu verbreiten und – wozu Papst Franziskus mit seinem Leitwort zum Heiligen Jahr 2025 einlade, "Pilger der Hoffnung" zu sein.

Lourdes

Lourdes ist einer der berühmtesten Wallfahrtsorte der Welt. In dem südfranzösischen Städtchen soll 1858 dem damals 14-jährigen Hirtenmädchen Bernadette Soubirous (1844-1879) insgesamt 18 Mal Maria erschienen sein. Laut den Berichten des Mädchens wies die als "weiße Dame" und als "Unbefleckte Empfängnis" auftretende Gottesmutter sie an, Wasser aus einer Quelle zu trinken, Buße zu tun und "den Priestern zu sagen, hier eine Kapelle zu bauen und dass man hierher in Prozessionen kommen solle". 1862 wurden die Erscheinungen vom Ortsbischof, 1891 von Papst Leo XIII. anerkannt.

Madonnenstatue in Lourdes, Frankreich / © Ballygally View Images (shutterstock)
Madonnenstatue in Lourdes, Frankreich / © Ballygally View Images ( shutterstock )
Quelle:
DR