Die Umfrage führte das Kiewer Meinungsforschungsinstituts Rasumkow-Zentrum durch. Das Institut fragte in den Interviews nach "der Kirche" und nicht nach bestimmten Konfessionen. Der Kirche vertrauen demnach nun 60,8 Prozent, während es im Frühjahr noch 69,7 Prozent und im Sommer 2021 63,5 Prozent waren.
Zehn andere Institutionen genießen laut der aktuellen Umfrage in der ukrainischen Bevölkerung mehr Vertrauen als die Kirche. Spitzenreiter sind die Streitkräfte des Landes, denen 93 Prozent vertrauen. Es folgen die Freiwilligentruppen (85,9 Prozent) und Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj (83,3 Prozent).
Ebenfalls besser als die Kirche schneiden ab: die Nationalgarde, Freiwilligenorganisationen, der staatliche Notfalldienst, der Grenzschutz, das Verteidigungsministerium, der Inlandsgeheimdienst und "gesellschaftliche Organisationen". Der Kirche vertrauen indes mehr Ukrainerinnen und Ukrainer als den 17 übrigen Institutionen, nach denen auch gefragt wurde. Dazu zählen die Polizei, Bürgermeister, Medien, die Regierung, das Parlament und Gerichte.
Kiewer Höhlenkloster mitverantwortlich
Das Rasumkow-Zentrum befragte nach eigenen Angaben 2.020 Erwachsene in allen ukrainischen Regionen, die von der Regierung in Kiew kontrolliert werden. Die Umfrage wurde als Teil eines Programms vorgenommen, das von der niederländischen Botschaft in Kiew finanziert wird.
Mitverantwortlich für den Vertrauensverlust der Kirche könnte der Streit um das berühmte Kiewer Höhlenkloster sein. Die als prorussisch kritisierte Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK) weigert sich seit Monaten, das Kloster zu verlassen, obwohl die Regierung die Rückgabe des Heiligtums an den Staat verlangt. Die mit Rom verbundene griechisch-katholische Kirche warf der UOK in diesem Zusammenhang ein "schändliches Verhalten vor", das manchmal dem von Oligarchen ähnele.
Der Vorgang treffe alle Konfessionen und schade automatisch dem Ansehen der Kirche, warnte Kiews griechisch-katholischer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk im April.