Millionen Kinder in Ukraine brauchen psychische Hilfe

"Manche reden nicht mehr"

Nach Angaben des Hilfswerks World Vision verschärft sich die psychische Lage von Kindern in der vom russischen Krieg betroffenen Ukraine. Deshalb fordert die Organisation einen sicheren Zugang für humanitäre Helfer zu Kriegsgebieten.

Ein von einem Kind mit Buntstiften angemaltes Bild von einem Soldaten hängt in einer Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine im Aloisiuskolleg in Bonn am 15. Dezember 2022. / © Clara Engelien (KNA)
Ein von einem Kind mit Buntstiften angemaltes Bild von einem Soldaten hängt in einer Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine im Aloisiuskolleg in Bonn am 15. Dezember 2022. / © Clara Engelien ( KNA )

Untersuchungen von World Vision in den Kriegsgebieten Cherson, Charkiw und Dnipro ließen darauf schließen, dass in der gesamten Ukraine bis zu 1,5 Millionen Kinder psychisch stark unter den Folgen des Krieges litten oder noch leiden würden, teilte die Organisation am Montag im hessischen Friedrichsdorf mit. Depressionen und Angstzustände seien schon jetzt festzustellen, hieß es vor dem ersten Jahrestag des Ukraine-Krieges am Freitag. 

Kinder brauchen dringend Unterstützung

Notwendig sei ein sicherer Zugang für humanitäre Helfer in alle vom Krieg betroffenen Gebiete. Derzeit könnten viele Menschen nicht versorgt werden. Vor allem für Kinder sei diese Situation untragbar, da viele von ihnen dringend psychische und psychosoziale Unterstützung benötigten.

Von einem Kind mit Buntstiften angemalte Bilder von Soldaten hängen in einer Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine im Aloisiuskolleg in Bonn am 15. Dezember 2022. / © Clara Engelien (KNA)
Von einem Kind mit Buntstiften angemalte Bilder von Soldaten hängen in einer Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine im Aloisiuskolleg in Bonn am 15. Dezember 2022. / © Clara Engelien ( KNA )

"Aus früheren Krisen wissen wir, dass sich diese Belastungen, wenn den Kindern nicht geholfen wird, zu posttraumatischen Belastungsstörungen und Erkrankungen wie Schizophrenie und bipolaren Störungen ausweiten können", sagte Ekkehard Forberg von World Vision. 

Integration in Gruppen hilft

Die Hilfsorganisation unterstützt etwa das Zentrum für psychische und soziale Rehabilitation in Borodyanka nahe Kiew. Dessen Leiterin, Lyudmyla Boyko berichte, dass viele Kinder mit schweren psychischen Belastungen in die Einrichtung kämen: "Manche reden nicht mehr oder verletzen sich selbst."

Würden sie aber in Gruppen integriert, verbessere sich der Zustand. Manche von ihnen beteiligten sich dann zum Beispiel an der Auslieferung von Hilfsgütern. 

Psychosoziale Betreuung und Hilfsgüter für 400.000 Kinder 

World Vision ist eigenen Angaben zufolge seit Kriegsbeginn in der Ukraine und in Grenzregionen zusammen mit Partnerorganisationen aktiv. Bislang hätten allein in der Ukraine 400.000 Kinder und ihre Angehörigen mit psychosozialer Betreuung, Zugang zu Trinkwasser, Lebensmitteln und weiteren Hilfsgütern versorgt werden können.

Zudem kümmert sich das Hilfswerk laut Mitteilung um Geflüchtete in den Grenzregionen in Moldawien, Rumänien und Georgien. Dort seien weitere 250.000 Menschen versorgt worden.

Viele Geflüchtete aus der Ukraine planen keine baldige Rückkehr

Mehr als jeder dritte Kriegsflüchtling aus der Ukraine möchte entweder für immer oder zumindest für mehrere Jahre in Deutschland bleiben. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung, die im Dezember 2022 n Berlin vorgestellt wurden. Von den mehr als 11 000 Ukrainerinnen und Ukrainern, die daran teilgenommen haben, äußerten 26 Prozent die Absicht, für immer in Deutschland leben zu wollen. Elf Prozent der Kriegsflüchtlinge wollen mehrere Jahre bleiben. 

Ukrainische Flüchtlinge auf dem Bahnhof von Lwiw warten auf den Zug, um nach Europa zu fliehen (7. März 2022). / © Ruslan Lytvyn (shutterstock)
Ukrainische Flüchtlinge auf dem Bahnhof von Lwiw warten auf den Zug, um nach Europa zu fliehen (7. März 2022). / © Ruslan Lytvyn ( shutterstock )
Quelle:
KNA