Bewaffnete Männer haben im Zentrum von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince einen Kleinbus überfallen. Die Insassen, darunter mindestens sechs Ordensfrauen, der Fahrer sowie weitere Personen wurden am helllichten Tag an einen unbekannten Ort verschleppt, wie Radio Vatikan (Freitagabend) unter Berufung auf lokale Quellen berichtete.
Ring der Solidarität
Die Entführung am Freitag wurde von der Haitianischen Ordenskonferenz bestätigt. Bischof Pierre-Andre Dumas von Anse-a-Veau und Miragoane verurteilte die Tat scharf. Die Entführer respektierten nicht einmal die Würde dieser sechs Ordensfrauen der Kongregation der Schwestern von Sainte-Anne, "die sich mit ganzem Herzen Gott hingeben, um die Jugendlichen, die Ärmsten und Verletzlichsten unserer Gesellschaft zu erziehen und auszubilden", so der Bischof.
Er rief "die gesamte haitianische Gesellschaft auf, sich die Hände zu reichen, um einen wahren Ring der Solidarität um alle Entführten des Landes zu bilden, um ihre Freilassung zu erreichen und ihnen eine rasche und sichere Rückkehr zu ihren Familien und Gemeinden zu ermöglichen". Sich selbst bot Dumas als Geisel anstelle der Ordensfrauen an.
Rivalisierenden Banden
Seit einer Woche haben bewaffnete Banden ihre Gewaltaktionen weiter verstärkt. Landesweit gibt es Demonstrationen gegen die Eskalation der Gewalt und die unsichere Lage. Am Donnerstag sollen bei heftigen Schusswechseln zwischen rivalisierenden Banden im Süden der Hauptstadt etwa 20 Menschen ums Leben gekommen sein. In den Straßen von Port-au-Prince errichteten Bewohner Barrikaden, um sich zu schützen. Seit mehreren Wochen häufen sich die Entführungen in der Hauptstadt und auf den Hauptverkehrsstraßen.
Demonstranten fordern den Rücktritt von Premierminister Ariel Henry, der seit der Ermordung von Präsident Jovenel Moise 2021 an der Macht ist. In wirtschaftlicher wie sicherheitspolitischer Hinsicht wird ihm Untätigkeit vorgeworfen.