"Es gibt nach wie vor einen Dissens zwischen Staat und Kirche, der nicht überwunden werden konnte", sagte der Mitbegründer von "Asyl in der Kirche" am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Das Kirchenasyl sei von Anfang umstritten gewesen.
Von staatlicher Seite habe immer die Behauptung im Raum gestanden, hier würden Gesetze nicht beachtet. "Das ist bis heute so geblieben." Daran habe auch die Vereinbarung zwischen Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) von 2015 nichts grundlegend geändert.
Bundesweite ökumenische Bewegung
Quandt gewährte als Pfarrer der evangelischen Heilig-Kreuz-Gemeinde in Berlin 1983 als Erster einer Familie aus Palästina im Gemeindehaus Kirchenasyl. Daraus erwuchs eine bundesweite ökumenische Kirchenasyl-Bewegung, die am Mittwoch und Donnerstag ihr 40-jähriges Bestehen mit einer Tagung unter dem Titel "Ultima Ratio und widerständige Praxis für das Grundrecht auf Asyl" in der Evangelischen Akademie Berlin feiert.
Mit Blick auf die aktuelle EU-Asylrechtsreform und geplante Verschärfungen mutmaßte Quandt, "dass vermutlich diejenigen, die dann nach Deutschland kommen, verstärkt Kirchenasyl brauchen, um überhaupt eine Chance zu haben, dass ihr Aufenthalt hier geprüft wird".
Grundlegende Änderung
Es sei "bemerkenswert und beachtlich, dass es immer noch in den Kirchen die Bereitschaft gibt, Menschen die geflüchtet sind, Schutz zu gewähren", so Quandt weiter. In den vergangenen vier Jahrzehnten habe sich die Kirchenasylsituation grundlegend geändert: Es gebe mittlerweile hunderte Kirchenasyle.
"In den vergangenen Jahrzehnten ist das Kirchenasyl auch deshalb so erfolgreich gewesen, weil es eine gewisse Hemmung der staatlichen Organe gibt, kirchliche Räume gewaltsam zu betreten", erläuterte Quandt. Das sei schon zu DDR-Zeiten so gewesen: "Auch damals hat die Stasi keine Leute aus Kirchen geholt, die nicht staatskonform waren." Bis heute beruht das Kirchenasyl darauf, dass der Staat die humanitären Beweggründe der Kirchen respektiert, auch wenn er die Motive nicht teilt.
Zuletzt war im Juli ein Kirchenasyl in Nordrhein-Westfalen von den Behörden geräumt worden. Das Vorgehen hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt und stieß bei Kirchen und Asylverbänden auf Kritik. In den vergangenen drei Jahren mussten sich mehrere katholische Ordensfrauen vor Gericht verantworten, weil sie Kirchenasyl gewährt hatten. In allen Fällen wurden sie entweder freigesprochen oder das Verfahren wurde eingestellt.