Moraltheologe will sozialere kirchliche Immobilienstrategie

Gebäude in Sozialräume verwandeln

Wen sollten Kirchen aufnehmen, wenn sie Pfarrhäuser umnutzen und zu Mietobjekten umwandeln? Etwa Studenten-WGs oder Flüchtlinge, fordert der Sozialethiker Martin Schneider. Die Grundstücke sollten für soziale Zwecke genutzt werden.

Symbolbild Kirchenasyl / © Markus Linn (KNA)
Symbolbild Kirchenasyl / © Markus Linn ( KNA )

Der Sozialethiker Martin Schneider mahnt die Kirchen, bei ihren Immobilienstrategien soziale Aspekte stärker zu berücksichtigen. Diese Forderung ergebe sich aus dem Grundgesetz, sagte Schneider am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Stuttgart. 

Er verwies darauf, dass in Artikel 14 der Verfassung die Sozialpflichtigkeit des Eigentums festgeschrieben ist. Darin heißt es: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."

Grundstücke für Sozialzwecke hergeben

Zudem hätten sich die evangelische und die katholische Kirche schon im gemeinsamen Sozialwort von 1997 verpflichtet, "in der Orientierung am Gemeinwohl Grundstücke für öffentliche und soziale Zwecke, vornehmlich für den sozialen Wohnungsbau gegebenenfalls in Erbpacht, zur Verfügung zu stellen". 

Flüchtlingsfamilie im Pfarrheim / © Dieter Mayr (KNA)
Flüchtlingsfamilie im Pfarrheim / © Dieter Mayr ( KNA )

Schneider betonte, dass solche sozialethischen Aspekte in kirchlichen Immobilienstrategien bislang nur in Ansätzen in den Blick kämen. 

Dies sollte aber immer der Fall sein, wenn Pfarrheime oder Pfarrhäuser zu Mietobjekten umgewandelt würden, forderte der Professor für Moraltheologie und Christliche Sozialethik an der Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Kirchen könnten ihrer sozialen Verantwortung dadurch gerecht werden, "dass Pfarrhäuser und Wohnungen beispielsweise für Wohngemeinschaften von Studierenden und Auszubildenden oder für die Unterbringung von Flüchtenden freigegeben werden". 

Gebäude klimaneutral umnutzen

Würden bisher für die Seelsorge genutzte Immobilien wie Pfarrheime, Pfarrhäuser, Kirchen und Kapellen
stärker als "Sozialraum" betrachtet, könne daraus eine neue, vernetzte kirchliche Praxis entstehen. Mit karitativen Verbänden, den Kommunen oder Genossenschaften könnten Kooperationen und gemeinsame Nutzungen vereinbart werden.

Nicht sinnvoll: Im alten Pfarrheim liegt die Heizung in der Sakristei direkt gegenüber einer undichten Glaswand / © Hannah Krewer (DR)
Nicht sinnvoll: Im alten Pfarrheim liegt die Heizung in der Sakristei direkt gegenüber einer undichten Glaswand / © Hannah Krewer ( DR )

Zudem müssten die Kirchen ihre Verantwortung gegenüber künftigen Generationen ernster nehmen als bisher, mahnte der Sozialethiker. Bei der "Verwertung oder Umnutzung von Gebäuden" müssten sich die Kirchen am Ziel der Klimaneutralität orientieren. 

Nur wenn die Kirchen "gesellschaftlich verantwortlich" agierten, sei auch ihre Immobilienstrategie glaubwürdig. Zum Umgang der Kirchen mit ihren Immobilien sprach Schneider auch am Mittwochabend beim ökumenischen Dialogforum der Kirchen in der Region Stuttgart.

 

Umnutzung und Profanierung von Kirchen

Obwohl in Deutschland sowohl katholische als auch evangelische Kirchen leer stehen, ist die Umwidmung katholischer Kirchen komplizierter. Wenn eine katholische Kirche – oder ein anderer heiliger Ort – Weihe oder Segnung verliert, geschieht durch diese Profanierung das Gegenteil der (Kirch-)Weihe. Angeordnet wird eine solche Entwidmung durch ein Dekret des Diözesanbischofs, das im Allgemeinen in einem letzten Gottesdienst verlesen und damit wirksam wird. Damit wird dann das Gotteshaus dauerhaft profanem Gebrauch überlassen.

Die ehemalige Dominikanerkirche in Maastricht ist jetzt ein Buchladen. / © Wut_Moppie (shutterstock)
Die ehemalige Dominikanerkirche in Maastricht ist jetzt ein Buchladen. / © Wut_Moppie ( shutterstock )
Quelle:
KNA