"Ach, Sie sind Künstler?". Die Arbeit von künstlerisch tätigen Menschen wirft viele Fragen auf. Die Klischees reichen vom arbeitsscheuen Lebemann bis zum selbst verzehrenden Arbeitswütigen.
Eines haben alle Künstlerinnen und Künstler gemeinsam: sie ringen mit Inhalten, Formen und Materialien, geleitet von individuellen Suchbewegungen, sinnstiftender Selbstvergewisserung oder handwerklicher Perfektion.
Das Selbstverständnis der Kunstschaffenden
Aus Lust am Spiel und an multimedialen Überraschungsmomenten entstand die mechanische Klang-Installation "Kugelbahn" (1997) von Manos Tsangaris. Besucher können sich in die Mitte setzen, an einem Seil ziehen, und eine Kugel nach der anderen rollt klackernd auf verschiedenen Bahnen los. Klänge ertönen.
Spielerisch verbindet Tsangaris den Menschen als Individuum mit seiner Kunst. Heiter lächelnd schaut die barocke Geisselbrunner Madonna mit fröhlichem Kind, das eine Kugel in der Hand hält, auf das Geschehen. Ein schöner Dialog von zwei Kunstwerken, die von sehr unterschiedlichen Künstlern geschaffen wurden.
Der Lust am freien Spiel entgegengesetzt ist das mittelalterliche Selbstverständnis der Künstler als Handwerker, die in Werkstätten Auftragsarbeiten in Serie dem Zeitgeist entsprechend ausführten. Wunderbare Beispiele in der Ausstellung sind die Marienskulpturen mitten im Raum 13. "Zum Niederknien schön" findet Museumsdirektor Dr. Stephan Kraus dieses Ensemble.
Ein No-Go ist für den serbischen Konzeptkünstler und Fotografen Mladen Stilinović, als Auftragskünstler im Akkord zu arbeiten. In seiner 8-teiligen Fotoserie "Artist at work" (1978/2014), die auch der Titel der Ausstellung ist, sehen wir ihn als Künstler mitten am Tag angezogen im Bett liegen.
Radikal demonstriert er seine Ablehnung von kapitalistischem Produktionszwang und Verzweckung seiner Kunst. Provozierend stellt er fest: "Ohne Faulheit keine Kunst."
Für Stephan Kraus geht es ihm nicht um ein Loblied auf den faulen Künstler. "Vielmehr geht es um die Frage, wann bildet sich Kreataivität? In der Kunst wie in der Frömmigkeit können wir die Inspiration nicht durch Fingerschnippen herbeizaubern, sondern sie erreicht uns irgendwann."
Räume der Inspiration
Das klassische Bild eines Arbeitsraums für Künstler ist das Atelier oder die Studierstube. Ein mittelalterlicher Bilderzyklus über den Hl. Hieronymos zeigt den Gelehrten und Kirchenvater als alten Mann am Schreibtisch sitzend – der Prototyp eines Genies, der aus Büchern und seinem Wissen schöpft.
Diesem Zyklus gegenüber stellt Kolumba das Video von Terry Fox "Clutch" (1971). Es zeigt den Künstler, wie er auf dem Boden seines Ateliers liegt. Mit seinen Händen folgt er dem langsam wandernden Sonnenlicht. Quälend erleben wir die verinnende Zeit und einen Künstler, der ihr stumm ausgeliefert ist.
Im selben Raum hat Valeria Fahrenkrog ihre Installation "El Kiosco" (Der Kiosk) aufgebaut. Als Material für diesen Kiosk in Anlehnung an Kioske in Santiago de Chile hat sie "Sperrmüll"-Reste und Schriften aus dem Fundus des Kolumba-Museums verwendet.
Fahrenkrog ist eine Künstlerin ohne Atelier, die situativ in Kolumba einen Ort der Begegnung, der Information und des Austauschs schaffen will.
Quellen der Inspiration
Eric Hatten gehört zu den Kreativen, die aus dem zufälligen Alltagsgeschehen um sie herum ihre Kunst schöpfen. In seinem Video "S culture physique" (2002) zeigt er einen städtischen Angestellten, der sich abmüht, Sperrmüll in einen Lieferwagen zu packen.
Aus dem zufällig gefilmten Geschehen schafft er eine Wirklichkeit, in der auch dem Müllentsorger eine künstlerische Mitwirkung zugesprochen werden könnte.
Radikal hat sich zum Beispiel John Cage von dem Bild des Künstlers als Genie verabschiedet. Er sieht in der Natur seine primäre Inspirationsquelle, gibt dem Zufall Raum und tritt als Künstler dahinter zurück. Doch ohne die Hände des Künstlers geht es nicht, meint Stefan Kraus.
Monika Bartholomé, deren Zeichnungen im Gotteslob aufgenommen wurden, sieht in ihren Händen Erkenntniswerkzeuge. "Die Hand führt nicht nur aus, sondern sie lässt mich auch erfahren. Und wenn ich auf die Hand vertraue, dann gelingen mir Dinge, die ich so nie hätte denken können," erklärt Kraus. Die "Hand Show" (1967) von Robert Filliou untersucht optisch die Rolle von Künstlerhänden.
Weniger ist mehr
Die aktuelle Jahresausstellung konzentriert sich auf eine reduzierte Schau von Kunstwerken bekannter und weniger bekannter Künstler. Eine bewusste Entscheidung, sagt Museumsdirektor Stefan Kraus: "In einer Zeit, die uns so fordert, zeigen wir weniger Kunstwerke. Aber das, was wir zeigen, verdient es, besonders wahrgenommen werden."