Museum Kolumba in Köln eröffnet neue Jahresausstellung

"Artist at work"

In der neuen Jahresausstellung des erzbischöflichen Kunstmuseums Kolumba geht es um die Frage, wie Kunst entsteht und was Kunstschaffende inspiriert. Gezeigt werden vielfältige Kunstwerke vom Mittelalter bis zur Gegenwart.

Autor/in:
Birgitt Schippers
Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Ach, Sie sind Künstler?". Die Arbeit von künstlerisch tätigen Menschen wirft viele Fragen auf. Die Klischees reichen vom arbeitsscheuen Lebemann bis zum selbst verzehrenden Arbeitswütigen. 

Eines haben alle Künstlerinnen und Künstler gemeinsam: sie ringen mit Inhalten, Formen und Materialien, geleitet von individuellen Suchbewegungen, sinnstiftender Selbstvergewisserung oder handwerklicher Perfektion. 

Das Selbstverständnis der Kunstschaffenden

Aus Lust am Spiel und an multimedialen Überraschungsmomenten entstand die mechanische Klang-Installation "Kugelbahn" (1997) von Manos Tsangaris. Besucher können sich in die Mitte setzen, an einem Seil ziehen, und eine Kugel nach der anderen rollt klackernd auf verschiedenen Bahnen los. Klänge ertönen. 

Spielerisch verbindet Tsangaris den Menschen als Individuum mit seiner Kunst. Heiter lächelnd schaut die barocke Geisselbrunner Madonna mit fröhlichem Kind, das eine Kugel in der Hand hält, auf das Geschehen. Ein schöner Dialog von zwei Kunstwerken, die von sehr unterschiedlichen Künstlern geschaffen wurden.

Ausstellung "Artist at Work" im erzbischöflichen Museum Kolumba in Köln (15. September 2024 – 14. August 2025) / © Alex Foxius (DR)
Ausstellung "Artist at Work" im erzbischöflichen Museum Kolumba in Köln (15. September 2024 – 14. August 2025) / © Alex Foxius ( DR )

Der Lust am freien Spiel entgegengesetzt ist das mittelalterliche Selbstverständnis der Künstler als Handwerker, die in Werkstätten Auftragsarbeiten in Serie dem Zeitgeist entsprechend ausführten. Wunderbare Beispiele in der Ausstellung sind die Marienskulpturen mitten im Raum 13. "Zum Niederknien schön" findet Museumsdirektor Dr. Stephan Kraus dieses Ensemble. 

Fotografien in der Ausstellung "Artist at Work" im erzbischöflichen Museum Kolumba in Köln (15. September 2024 – 14. August 2025) / © Alex Foxius (DR)
Fotografien in der Ausstellung "Artist at Work" im erzbischöflichen Museum Kolumba in Köln (15. September 2024 – 14. August 2025) / © Alex Foxius ( DR )

Ein No-Go ist für den serbischen Konzeptkünstler und Fotografen Mladen Stilinović, als Auftragskünstler im Akkord zu arbeiten. In seiner 8-teiligen Fotoserie "Artist at work" (1978/2014), die auch der Titel der Ausstellung ist, sehen wir ihn als Künstler mitten am Tag angezogen im Bett liegen. 

Radikal demonstriert er seine Ablehnung von kapitalistischem Produktionszwang und Verzweckung seiner Kunst. Provozierend stellt er fest: "Ohne Faulheit keine Kunst." 

Für Stephan Kraus geht es ihm nicht um ein Loblied auf den faulen Künstler. "Vielmehr geht es um die Frage, wann bildet sich Kreataivität? In der Kunst wie in der Frömmigkeit können wir die Inspiration nicht durch Fingerschnippen herbeizaubern, sondern sie erreicht uns irgendwann." 

Räume der Inspiration

Das klassische Bild eines Arbeitsraums für Künstler ist das Atelier oder die Studierstube. Ein mittelalterlicher Bilderzyklus über den Hl. Hieronymos zeigt den Gelehrten und Kirchenvater als alten Mann am Schreibtisch sitzend – der Prototyp eines Genies, der aus Büchern und seinem Wissen schöpft. 

Blick auf den Kölner Dom aus der Ausstellung "Artist at Work" im erzbischöflichen Museum Kolumba in Köln (15. September 2024 – 14. August 2025)

 / © Alex Foxius (DR)
Blick auf den Kölner Dom aus der Ausstellung "Artist at Work" im erzbischöflichen Museum Kolumba in Köln (15. September 2024 – 14. August 2025) / © Alex Foxius ( DR )

Diesem Zyklus gegenüber stellt Kolumba das Video von Terry Fox "Clutch" (1971). Es zeigt den Künstler, wie er auf dem Boden seines Ateliers liegt. Mit seinen Händen folgt er dem langsam wandernden Sonnenlicht. Quälend erleben wir die verinnende Zeit und einen Künstler, der ihr stumm ausgeliefert ist. 

Im selben Raum hat Valeria Fahrenkrog ihre Installation "El Kiosco" (Der Kiosk) aufgebaut. Als Material für diesen Kiosk in Anlehnung an Kioske in Santiago de Chile hat sie "Sperrmüll"-Reste und Schriften aus dem Fundus des Kolumba-Museums verwendet. 

Fahrenkrog ist eine Künstlerin ohne Atelier, die situativ in Kolumba einen Ort der Begegnung, der Information und des Austauschs schaffen will. 

Quellen der Inspiration

Eric Hatten gehört zu den Kreativen, die aus dem zufälligen Alltagsgeschehen um sie herum ihre Kunst schöpfen. In seinem Video "S culture physique" (2002) zeigt er einen städtischen Angestellten, der sich abmüht, Sperrmüll in einen Lieferwagen zu packen.

Bilder in der Ausstellung "Artist at Work" im erzbischöflichen Museum Kolumba in Köln (15. September 2024 – 14. August 2025) / © Alex Foxius (DR)
Bilder in der Ausstellung "Artist at Work" im erzbischöflichen Museum Kolumba in Köln (15. September 2024 – 14. August 2025) / © Alex Foxius ( DR )

Aus dem zufällig gefilmten Geschehen schafft er eine Wirklichkeit, in der auch dem Müllentsorger eine künstlerische Mitwirkung zugesprochen werden könnte.

Radikal hat sich zum Beispiel John Cage von dem Bild des Künstlers als Genie verabschiedet. Er sieht in der Natur seine primäre Inspirationsquelle, gibt dem Zufall Raum und tritt als Künstler dahinter zurück. Doch ohne die Hände des Künstlers geht es nicht, meint Stefan Kraus.  

Monika Bartholomé, deren Zeichnungen im Gotteslob aufgenommen wurden, sieht in ihren Händen Erkenntniswerkzeuge. "Die Hand führt nicht nur aus, sondern sie lässt mich auch erfahren. Und wenn ich auf die Hand vertraue, dann gelingen mir Dinge, die ich so nie hätte denken können," erklärt Kraus. Die "Hand Show" (1967) von Robert Filliou untersucht optisch die Rolle von Künstlerhänden. 

Weniger ist mehr

Die aktuelle Jahresausstellung konzentriert sich auf eine reduzierte Schau von Kunstwerken bekannter und weniger bekannter Künstler. Eine bewusste Entscheidung, sagt Museumsdirektor Stefan Kraus: "In einer Zeit, die uns so fordert, zeigen wir weniger Kunstwerke. Aber das, was wir zeigen, verdient es, besonders wahrgenommen werden." 

Kunstmuseum Kolumba

Kolumba ist das Kunstmuseum des Erzbistums Köln, das 1853 als Diözesanmuseum Köln gegründet wurde. Zweitausend Jahre abendländischer Kultur sind in einem Haus zu erleben. In der Kunst mit Werken der Spätantike bis zur Gegenwart.

Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR