Auf Wiedersehen in einer der schönsten Städte Europas! Der Weltjugendtag zieht weiter. Zum Abschluss des Großtreffens in Panama-Stadt gab der Vatikan am Sonntagmittag (Ortszeit) den nächsten Veranstaltungsort bekannt: Lissabon, die Hauptstadt Portugals. Für Insider kam die Nachricht wenig überrschend, seit der Präsidentenpalast die Reise von Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa nach Panama bestätigt hatte.
Papst Franziskus hat Portugal bereits 2017 besucht - doch es war nur eine 30-Stunden-Reise in dem Städtchen Fatima, zum 100. Jahrestag der dortigen Marienerscheinungen. Vielleicht kommt er 2022 zum WJT wieder; dann wäre er 85, bald 86 Jahre alt.
Lissabon steht für Internationalität
Lissabon bietet eine grandiose Kulisse für einen Ansturm von Jugendlichen mit seinen historischen Klöstern, seiner Altstadt, den spektakulären Panoramen, dem Hafenviertel und der legendären quietschenden Straßenbahnlinie 28E aus dem Jahr 1901. Auf der anderen Seite des Flusses Tejo breitet die monumentale Christus-Statue "Cristo Rei" von Almada die Arme über Portugals Hauptstadt aus.
Lissabon steht für Internationalität. Von hier sandten Portugals Könige Schiffe zur Schaffung eines Weltreiches aus. Hier wurde 2007 der EU-Vertrag von Lissabon unterzeichnet, der die Europäische Union demokratischer, effizienter und transparenter machen sollte.
Portugals Blick ging stets in jene Ferne, die es zu erobern galt. Dort liegt auch die ruhmreiche Vergangenheit, gegen die sich die mühsame Aufholjagd in der EU von heute oft vergeblich und trist ausnimmt. Für einige wenige Jahrzehnte seiner Geschichte hatte sich das kleine Land katapultartig zur Seefahrernation und zur Weltmacht Nummer eins aufgeschwungen, seit es Anfang des 15. Jahrhunderts seine Segel ins Unbekannte setzte.
Überfluss an Geld und Exotik
Unter König Manuel I. (1495-1521), "dem Glücklichen", erlebt Portugal sein Goldenes Zeitalter. Der Handel mit Gewürzen und anderen Luxusgütern aus Indien, Afrika, Fernost und dem Orient erzielt Fantasiepreise und sorgt für überbordende Kassen. Zusammen mit den begehrten Waren kommen auch geradezu fantastische neue Kultureinflüsse zurück ins Heimatland. Bauten entstehen, die im Rest Europas ihresgleichen suchen.
Der Überfluss an Geld und Exotik bringt einen eigenen, portugiesischen Kunststil hervor: die sogenannte Manuelinik. Ihre höchste Verkörperung ist das 1501 begonnene Hieronymus-Kloster geworden. Üppige spätgotische Gewölbe, Maßwerke und Grabmäler, die sagen: Alles, was es auf der Welt gibt, besitzt Portugal - es braucht an nichts zu sparen.
Doch das kleine Land überhebt sich. Auf der Suche nach Reichtum verlassen die Landbewohner ihre trockenen Äcker und werden Glücksritter. Allzu schnell nach dem kometenhaften Aufstieg kommt der tiefe Fall: Der junge König Sebastiao stirbt 1578 in der Schlacht; es folgen die "Sechzig Jahre" - eine demütigende Unterwerfung durch Spanien, den alten Rivalen.
Falsche Sebastiane tauchten auf
Der Volksglaube verhieß damals, König Sebastiao werde bald wiederkehren und das Land in eine neue Zukunft führen. Falsche Sebastiane tauchten auf, um die Macht zu erobern; der echte kehrte nie zurück. Der "Sebastianismus" hat einen ebenso festen Platz in der Volksseele der Portugiesen wie der Musikstil des Fado ("Schicksal").
Auch er steht für das melancholische Zurückblicken auf einstige Größe, für Unglück, enttäuschte Hoffnungen - und für die Sehnsucht nach Erlösung durch einen politischen Messias. Auch wenn der Platz Portugals heute nach der endlosen Salazar-Diktatur (1933-1974) mehr in Europa ist als wohl jemals in seiner Geschichte.
Das Erdbeben von Lissabon 1755, eine der verheerendsten Naturkatastrophen Europas, hat das Gesicht der Stadt von einem Tag auf den anderen verändert. Das neu errichtete Stadtzentrum, die "Baixa Pombalina" mit der riesigen Praca do Comercio (Platz des Handels) und dem monumentalen Bogen zur Rua Augusta ist heute eine der großen Touristenattraktionen.
Dritter Papst der Geschichte?
Mit dem starken Mann von damals, Portugals Erstem Minister Sebastiao Jose de Carvalho e Mello, Marques de Pombal (1699-1782), wird Papst Franziskus, der Jesuit aus Lateinamerika, hier ein Wiedersehen haben, wenn auch nur in historischer Perspektive: Der Marques de Pombal war es, der ab 1759 die Vertreibung der Jesuiten aus Paraguay und Lateinamerika betrieb. Ein schwerer Rückschlag für den missionarisch wie wirtschaftlich so erfolgreichen Orden, der den Neid der Kolonialmächte auf sich gezogen hatte. Andere Länder nahmen den Ball aus Portugal auf: Frankreich folgte 1764, Spanien 1767.
Franziskus könnte der dritte Papst der Geschichte sein, der Lissabon besucht. Benedikt XVI. kam im Mai 2010, Johannes Paul II. im Mai 1982 und Mai 1991. Immer stand vor allem Fatima im Zentrum der Visite - aber dort war Franziskus ja schon 2017.