"Ein assistierter Suizid, bei dem ein Mensch sagt, ich kann definitiv nicht mehr, es ist genug, ich lege das Geschenk des Lebens zurück in die Hände Gottes, sollte respektiert werden, auch wenn man sich als seelsorgliche Begleitperson die Entscheidung anders wünschen würde", sagte die Professorin für Praktische Theologie an der Universität Bochum dem Online-Magazin "Die Eule".
Denken hat Kirchengeschichte dominiert
Karle kritisierte die Äußerung des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, dass "Suizid immer etwas Tragisches, immer eine Niederlage" sei: "Die Rede von einer 'Niederlage' ist nah dran an der Qualifizierung des Suizids als Sünde. Das ist genau das Denken, das die Kirchengeschichte dominiert hat. Damit ging und geht eine Stigmatisierung von Suizidwilligen einher, die ich für problematisch halte."
Mit Blick auf die Palliativversorgung Sterbenskranker sagte Karle: "Wir müssen respektieren, dass Menschen auch unter guten palliativen Bedingungen und mit der besten Aufklärung in eine Situation kommen können, in der sie nicht mehr weiterleben wollen - weil sie wissen, was noch auf sie zukommt in der letzten Wegstrecke ihrer Krankheit und weil sie diesen Weg nicht gehen wollen."
Sie wüsste nicht, "woher wir das Recht nehmen könnten, besser zu wissen, was für die betroffene Person gut ist, als diese selbst", so die Theologin.
Sich dem Suizidbgehren nicht verweigern
Karle hatte Anfang Januar mit Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und dem Vorsitzenden der Kammer für öffentliche Verantwortung der EKD, Reiner Anselm, in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" den Vorstoß gemacht, dass kirchliche Einrichtungen sich dem Suizidbegehren Betroffener nicht verweigern sollten.