"Das Kirchenasyl ist ein Stachel im Fleisch, der immer stärker um sich greifenden Entrechtung geflüchteter Menschen in Europa", sagte Vorstandsmitglied Jan Niklas Collet am Dienstag vor Journalisten in Köln. "Täglich bekommen wir von den von Abschiebung bedrohten Menschen Geschichten der Entrechtung berichtet. Das Kirchenasyl eröffnet oftmals einen letztmöglichen Schutz."
Die Kirchenasyl-Bewegung begeht in dieser Woche ihr 40-jähiges Bestehen in Deutschland. In Nordrhein-Westfalen unterstützt das Netzwerk seit 1994 Kirchengemeinden bei der Durchführung von Kirchenasylen. Dadurch seien mehrere Tausend Abschiebungen gestoppt worden, hieß es.
150 Personen in Kirchenasyl in NRW
"Das Kirchenasyl steht auch nach 40 Jahren immer wieder unter Druck, vor allem angesichts der Asylrechtsverschärfungen", erklärte Collet. "Die gewaltsame Räumung eines Kirchenasyls im Juli im Kreis Viersen zeigt, dass es umso wichtiger wird, dass Kirchengemeinden selbstbewusst Schutzräume für Geflüchtete eröffnen, um den steigenden Abschiebungszahlen etwas entgegenzusetzen." Das Vorgehen in Viersen hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt; die bereits in die Wege geleitete Abschiebung eines kurdischen Ehepaars wurde schließlich wieder abgesagt.
Laut dem Netzwerk gibt es in NRW derzeit 150 Personen im Kirchenasyl. In den vergangenen 12 Monaten seien es landesweit 460 Personen gewesen, darunter rund zwei Drittel in evangelischen und ein Drittel in katholischen Kirchengemeinden. Pro Tag erhalte das Netzwerk 15 bis 20 neue Anfragen von Geflüchteten, denen eine Abschiebung droht. Die meisten Kirchenasyle schützten vor inhumanen sogenannten Dublin-Abschiebungen in die Ersteinreiseländer an den EU-Außengrenzen, wo Geflüchtete oft ganz entrechtet und perspektivlos seien.
Prüfung von Härtefällen
Kirchenasyl in Deutschland verstößt nach einhelliger Auffassung gegen geltendes Recht. 2015 hatten sich die Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aber auf eine neue Form der Zusammenarbeit bei Fällen von Kirchenasyl geeinigt. Kirchen und Bamf benannten Ansprechpartner, um sogenannte Härtefälle zu prüfen.