DOMRADIO.DE: Wann ist denn nun Weihnachten für die orthodoxen Christen?
Radu Constantin Miron (Griechisch-orthodoxer Erzpriester und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen): Die orthodoxen Christen haben einen gemeinsamen Heiligenkalender, einen Festkalender. Nur sind sie sich nicht einig, wann der 25. Dezember wirklich ist.
Wenn man den alten julianischen Kalender folgt, wie das unsere Geschwister in Russland oder in der Ukraine oder in Serbien und Jerusalem tun, dann ist am 6. Januar Heiligabend, weil dieser Kalender 13 Tage hinterherhinkt. Die Griechen und andere orthodoxe Völker, Rumänen und Bulgaren haben vor etwa 100 Jahren den neuen Kalender angenommen und dementsprechend haben sie Weihnachten schon hinter sich.
Am 6. Januar, feiern wir die Theophanie, die Erscheinung Gottes, und zwar nicht die Erscheinung in Bethlehem, sondern die Erscheinung am Jordan, am Fluss, weil da der dreifaltige Gott, der Vater, der Sohn, der Heilige Geist sich in unterschiedlicher Gestalt geoffenbart haben.
Dementsprechend feiern das die Russen und andere, die einen Julianischen Kalender befolgen, in 13 Tagen, also am 19. Januar. Es ist also dasselbe Fest, nur unterschiedlich zu unterschiedlichen Daten gefeiert.
DOMRADIO.DE: Wie genau hat Ihr Heiligabend denn ausgesehen?
Miron: Es gab natürlich einen feierlichen Gottesdienst in unserer Kirche in Köln-Deutz. Die liegt praktischerweise direkt am Rhein. Das ist Alt St. Heribert, für die, die Köln kennen.
Nach der göttlichen Liturgie, der Eucharistiefeier zieht man an ein Gewässer, in dem Fall den Rhein, und feiert die Taufe Jesu symbolisch nach, in dem ein Christusbild mit einem Kreuz im Rhein versenkt wird.
In Griechenland würden die jungen Burschen dann ins Wasser springen und dieses Kreuz rausholen. Das machen wir hier beim Rhein nicht, sondern holen es an einer Schnur wieder raus. Das haben wir gemacht, mit einer - trotz des Werktags - sehr großen Beteiligung.
DOMRADIO.DE: Das ist eine sogenannte Wasserweihe. Das heißt, auch der Rhein ist gesegnet worden oder?
Miron: Der Rhein und alle Gewässer sind gesegnet worden. Im Grunde sind sie durch die Taufe Jesu gesegnet worden und wir erinnern an diese Segnung. Aber es ist so, dass auch das Weihwasser, das heute geweiht wird, natürlich von der Familie nach Hause genommen wird. Die Häuser werden besprengt, so wie man das auch in der katholischen Kirche kannte oder kennt.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen persönlich diese Tradition?
Miron: Das ist das Schöne an dem Wort Theophanie. Das heißt Gott ist erschienen, Gott ist gekommen. Das Kommen Gottes in die Welt ist, was man an Weihnachten feiert, was man an Ostern durch den Sieg über den Tod feiert. Das wird an diesem Fest noch mal ganz offenbar.
Jedes Gewässer ist geheiligt. All das, was wir zum Leben brauchen, ist etwas Heiliges. Und das ist eine Idee, sprich Schöpfungstheologie oder so etwas, die auch in der Ökumene, also in der Gemeinsamkeit der christlichen Kirchen, immer wichtiger wird und immer mehr wahrgenommen wird.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen das, dass die orthodoxe und die katholische Kirche auch zusammenrücken und Veranstaltungen gemeinsam begleiten?
Miron: Der 6. Januar ist für Köln ein ganz wichtiger Tag durch die Heiligen Drei Könige und dann kommt der Stadt- und Domdechant Robert Kleine und läuft aus seinem Gottesdienst schnell über den Rhein bzw. die Rheinbrücke und kommt zu uns. Das finde ich schon mal sehr beachtlich.
Er könnte auch sagen, ich habe hier meinen Feiertag und ich muss jetzt nicht noch andere Leute besuchen. Das andere ist natürlich, es zeigt ganz symbolisch, dass das westliche Ufer und das östliche Ufer des Rheines zusammengehören, so wie West- und Ostkirche zusammengehören. Das ist eine ganz symbolträchtige Geste und hat auch zu einer wirklichen Freundschaft, auch persönlichen Freundschaft beigetragen.
Das Interview führte Verena Tröster.