Paderborns langjähriger Erzbischof Hans-Josef Becker (74) ist am Sonntag bei einem Gottesdienst aus seinem Amt verabschiedet worden. Rückblickend auf seine knapp 20-jährige Amtszeit sagte Becker, in Kirchenkrisen offenbarten sich grundsätzliche Fragen.
In allen derzeitigen kirchlichen Auseinandersetzungen müsse man sich fragen: "Merkt man an unserem Leben und an unserem Zeugnis, dass der Magnet der Kirche Gott ist?". Eine Kirche, in der dieser Magnet nicht mehr zu spüren sei, erübrige sich, so Becker.
Entschiedenheit sei gefragt
Auch im Reformprojekt des Synodalen Prozesses habe er grundlegende Fragen nach dem, was "uns heilig ist", zu wenig gehört. Er selbst habe dies nicht deutlich genug gefragt, räumte Becker selbstkritisch ein. Christen könnten nicht zu allem Ja und Amen sagen. "Entschiedenheit ist gefragt. Wozu stehe ich in guten und bösen Tagen?", fragte er.
Viele Christen setzten sich durchaus engagiert ein, "proklamieren Glauben und Gottes Gebote - und kaum etwas bewegt sich". Es ergehe ihnen wie dem alttestamentlichen Propheten Elija, der ebenfalls frustriert und lebensmüde geworden sei, weil sein Einsatz für Gott vergebens war. Stärkung gebe es aber nur, wenn Menschen einander ermutigen. In diesem Sinne "wünsche ich meinem Erzbistum eine gesegnete Zukunft", schloss Becker.
Gottesdienst im Paderborner Dom
Bei der Messe im Paderborner Dom zelebrierten unter anderen der Botschafter der Papstes, Erzbischof Nikola Eterovic, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, sowie Magdeburgs Bischof Gerhard Feige und der Diözesanadministrator des französischen Partnerbistums Le Mans, Gregoire Cador. Außerdem nahmen die Paderborner Weihbischöfe Matthias König, Dominicus Meier und Josef Holtkotte teil. Der Pontifikalgottesdienst im voll besetzten Dom mit Abordnungen zahlreicher katholischer Verbände und Vereine wurde live in die benachbarte Gaukirche sowie im Internet übertragen.
Bei einem anschließenden Empfang würdigte Bätzing den bisherigen Erzbischof als Mann klarer und durchdachter Worte. Zwar habe Becker sich nicht so häufig zu Wort gemeldet wie andere. "Aber du sagst, was du denkst", lobte Bätzing, und das schätzten die Menschen. Darüber hinaus sei Becker "immer Mensch geblieben, nicht entrückt und abgehoben, sondern orientiert am Wort Jesu".
Becker und sein Humor
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der westfälischen Landeskirche, Annette Kurschus, lobte Beckers Sinn für Humor. Seine Fähigkeit, auch über sich selbst zu lachen, zeuge von Gottvertrauen. Trotz noch bestehender Differenzen zwischen den Konfessionen erwarteten Menschen von Christen Einsatz für Dialog und den gemeinsamen Ton christlicher Liebe.
Paderborns Bürgermeister Michael Dreier (CDU) dankte Becker für seine konsequente Anwaltschaft für Geflüchtete und andere Hilfsbedürftige. Zugleich griff er Beckers Einsatz als Schulbischof auf und plädierte für langfristigen Religionsunterricht an Schulen.
Prävention und Aufarbeitung
Als Vorsitzende des Diözesankomitees erwähnte Nadine Mersch die unter Becker begonnenen Anfänge zu Prävention und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt. Im Reformprozess des Synodalen Wegs sei Becker "nicht einer der Lauten" gewesen, "sondern jemand, der geradlinig dahintersteht" und an wesentliche Fragen erinnert habe.
Vor drei Wochen hatte Papst Franziskus das altersbedingte Rücktrittsgesuch Beckers angenommen. In der Deutschen Bischofskonferenz war der gebürtige Sauerländer, der vor seinem Werdegang als Priester ein Lehramtsstudium absolvierte, für das Thema Schule verantwortlich.