Einen Moment lang steckt das Papamobil in der Menschenmenge fest. Hunderttausende haben auf diesen Augenblick gewartet, nun scheinen viele Menschen entlang der Calle 26 nicht mehr warten zu wollen. Nur mühsam kann sich die Kolonne mit dem Papst an der Spitze den Weg durch die Massen bahnen.
Franziskus ist in Kolumbien angekommen, und die Einwohner der zweitgrößten Stadt Südamerikas bereiten ihm einen begeisterten Empfang. Das Bild hat Symbolcharakter: Der Papst ist gekommen, um Kolumbien auf dem Weg zum Frieden zu helfen - so sagte es Franziskus selbst auf dem Hinflug über den Atlantik. Doch der Weg zum Frieden ist beschwerlich. Manchmal geht es nur mühsam voran - oder die Bemühungen stecken sogar in einer Sackgasse.
Emotionen auf dem Flughafen
Bereits bei der Ankunft auf dem Militärflughafen Catam in Bogota gab es die ersten emotionalen Momente. Emmanuel, Sohn der jahrelang von der FARC-Guerilla entführten Politikerin Clara Rojas, übergab dem Papst als Begrüßungsgeschenk eine Friedenstaube. Jeder Kolumbianer kennt die Geschichte des Kindes, das die Rebellen schwer erkrankt seiner Mutter wegnahmen und das erst Jahre nach ihrer Freilassung wieder mit ihr zusammenfand.
"Die Taube signalisiert Frieden in Kolumbien und wir wollen, dass uns der Frieden durch Gott gegeben wird, wie es der Papst gesagt hat", erklärt der Junge anschließend sichtlich bewegt.
Papst umarmt Veteranen
Augenblicke später fließen Tränen. Der Papst bricht aus dem Protokoll aus, als er Kriegsverwundete auf dem Vorplatz des Flughafens stehen sieht. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos erklärt später, er habe dem Papst gesagt: "Bitte, Heiliger Vater, das sind unsere Helden, die uns erlaubt haben, dass wir heute feiern können, dass wir Frieden haben."
Franziskus kommt mit den Kriegsversehrten in ihren Rollstühlen ins Gespräch, umarmt vom Krieg verstümmelte ehemalige Soldaten. Ein Moment, der tausenden Kolumbianern an den Bildschirmen unter die Haut gegangen sein wird. Der jahrzehntelange Krieg hat so viele Familien getroffen, so viele Menschen körperlich wie seelisch verletzt. Es gibt keine Stadt, kein Dorf, in dem nicht Opfer der barbarischen Gewalt von Guerilla, Paramilitärs und regulärer Armee zu beklagen sind.
Prominenz in der Menge
Danach macht sich der Papst auf den Weg in Richtung Nuntiatur - über die Calle 26, eine der wichtigsten Verkehrsachsen der Hauptstadt. "Es lebe der Frieden", rufen ihm die Menschen zu. Andere werfen weiße Blumen in Richtung Papamobil. Manchmal hält es die Menschen nicht hinter den Absperrungen, dann kommt es zum Stau. Plötzlich ist das Papamobil von tausenden Menschen umringt. Für Sicherheitskräfte ein Alptraum; erst nach Minuten geht es wieder im vorgesehenen Tempo weiter.
Für die nächsten Tage werden die Organisatoren ihre Lehren daraus ziehen. Unter den vielen Menschen am Straßenrand befindet sich auch besonders prominenter Zuschauer: Ex-Präsident Alvaro Uribe hat sich mit den Getreuen seiner Partei "Centro Democratico" unter das Volk gemischt. Auf Twitter veröffentlichte Bilder zeigen Uribe mit eigenen Anhängern und einem Plakat, auf dem er um den Segen des Kirchenoberhauptes bittet. Uribe gilt als scharfer Kritiker des ausgehandelten Friedensprozesses.
Erste Botschaft gilt Jugendlichen
An der Nuntiatur angekommen, spricht der Papst erstmals zu den Kolumbianern. Seine Botschaft gilt Jugendlichen, die unter anderem aus dem bettelarmen Stadtteil Bronx stammen und sich mit Hilfe der Kirche von der Straße zurück ins Leben gekämpft haben. Die Kids tanzen, rappen und singen für den Papst, der das sichtlich genießt. "Macht weiter so", ruft er ihnen zu. Sie sollen sich unterkriegen und nicht täuschen lassen. "Lasst euch die Freude und die Hoffnung nicht stehlen."
Eines der Kinder überreicht Franziskus einen weißen Poncho, den der unter dem Jubel der Zuschauer gleich anzieht. Dann verschwindet er nach dem kräftezehrenden Flug in der Nuntiatur. Der erste Schritt auf dieser speziellen Reise, wie der Papst den Besuch nennt, ist gemacht.
Die weiteren Schritte wird das ganze Land gespannt verfolgen.