Papst Franziskus blickt auf ein bewegtes Jahr 2024 zurück

Kapriolen, Konzepte, Kardinäle

Er läuft und läuft und läuft. Marketing-Experten hätten ihre wahre Freude an Papst Franziskus. Meistens jedenfalls. Denn seine Äußerungen brauchen mitunter auch ein starkes Krisenmanagement. Ein Rückblick auf das Papstjahr 2024.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Hier ein zu flickendes Schlagloch, dort ein halb fertiges Gerüst: Nicht nur Rom gleicht derzeit einer Dauerbaustelle, auch die katholische Kirche befindet sich stets "under construction".

Darum arbeitete Papst Franziskus im vergangenen Jahr weiterhin an der Realisierung seiner Vision von Welt und Weltkirche.

Nicht immer stießen dabei Maßnahmen und Äußerungen auf Begeisterung. Das fing schon kurz vor dem Jahreswechsel an. 

Die Erklärung, dieerstmals auch eine katholische Segnung homosexueller Paare erlaubt, ging vielen Kirchenmännern zu weit und sorgte für wochenlange Proteste. Die vatikanische Glaubensbehörde reagierte zunächst mit einer Erklärung und praktischen Hinweisen. 

Schließlich entband man die sich hartnäckig verweigernden afrikanischen Bischöfe von jedwedem Umsetzungszwang - mit päpstlichem Segen.

Skandale um Wortwahl des Papstes

Diese Kontroverse sollte nicht die einzige bleiben. Im März sorgte ein Stück Stoff für Wirbel. In einem Interview empfahl Papst Franziskus der Ukraine, Mut zur weißen Fahne zu haben, also zu verhandeln. 

Franziskus' Intention, einen Verhandlungsfrieden anzustreben, ging unter in der Empörung über die augenscheinliche Kapitulationsforderung.

Mehr als irritiert zeigte sich im Sommer auch die queere Gemeinschaft von dem Papst, der sonst eher für Offenheit gegenüber nicht-heterosexuellen Menschen bekannt ist. 

Vier brennende Kerzen stehen in einer Schale neben einer Regenbogenfahne auf den Altarstufen während eines Gottesdienstes zum 20-jährigen Bestehen von Queer-Gottesdiensten in der Kirche Sankt Paul am 13. März 2022 in München. / © Robert Kiderle (KNA)
Vier brennende Kerzen stehen in einer Schale neben einer Regenbogenfahne auf den Altarstufen während eines Gottesdienstes zum 20-jährigen Bestehen von Queer-Gottesdiensten in der Kirche Sankt Paul am 13. März 2022 in München. / © Robert Kiderle ( KNA )

Zu viele "Schwuchteleien" gebe es in Priesterseminaren, soll er bei einem Treffen mit Italiens Bischöfen gesagt haben. Dabei benutzte er den Begriff "frociaggine", der im Italienischen noch eine wesentlich vulgärere und beleidigendere Bedeutung hat als in der deutschen Übersetzung.

Aus der Vatikan-Pressestelle folgte eine Art Entschuldigung: Der Papst bitte jene um Verzeihung, "die sich von der Verwendung eines Begriffs verletzt fühlen, der von anderen wiedergegeben wurde". 

Eine Woche später soll Franziskus den Kraftausdruck erneut genutzt haben. Es wehe ein Hauch von Schwuchteleien im Vatikan, sagte er laut Anwesenden bei einem Treffen mit Priestern in Rom.

Päpstliche Kurztrips und Reisen

Den Kirchenstaat verließ Franziskus 2024 weniger als in den Jahren zuvor. Besonders zu Jahresbeginn schwächelte er aufgrund vonAtemwegserkrankungen und beschränkte seine Reisen zunächst auf kurze Abstecher ins italienische Umland. 

Erstmals besuchte dabei ein Papstdie Kunstausstellung Biennale in Venedig. Der Vatikan hatte seine diesjährige Schau, die von über 20.000 Menschen besucht wurde, im örtlichen Frauengefängnis organisiert.

Open-Air-Gottesdienst mit Papst Franziskus am 7. Juli 2024 auf dem Piazza dell'Unità d'Italia (deutsch Platz der Einheit Italiens) in Triest (Italien) / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Open-Air-Gottesdienst mit Papst Franziskus am 7. Juli 2024 auf dem Piazza dell'Unità d'Italia (deutsch Platz der Einheit Italiens) in Triest (Italien) / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Weitere Städtetrips unternahm Franziskus nach Verona und Triest. Zudem hielt er beim G7-Gipfel im süditalienischen Borgo Egnazia eine Rede zum Thema Künstliche Intelligenz, bevor er im September die längste Reise seiner knapp zwölfjährigen Amtszeit antrat. 

Ohne ein Zeichen von Gebrechlichkeit besuchte er Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur, legte knapp 33.000 Kilometer an zwölf Tagen zurück.

Nur eine kurze Pause gönnte sich der 87-Jährige, bevor er erneut ins Flugzeug nach Luxemburg stieg. Während des Anschlussbesuchs in Belgien musste sich das Kirchenoberhaupt scharfer Kritik an seiner Institution stellen. 

Es ging um schleppende Missbrauchsaufarbeitung, das katholische Nein zur Abtreibung sowie um Bild und Rolle der Frau in der Kirche.

Abschluss ohne Ende des päpstlichen Lieblingsprojekts

Forderung nach mehr Anerkennung und Teilhabe des weiblichen Geschlechts in der Kirche durchzogen auch die letzte Versammlung der Weltsynode im Vatikan. 

Diesbezüglich endete das päpstliche Reformprojekt mit einem klaren "Vielleicht" zu einem möglichen Weiheamt für Frauen.

Beratungen bei der Weltsynode (synod.va/Lagarica)

Insgesamt schloss der mehrjährige Prozess harmonisch und mit einem Abschlusspapier, das der Papst umgehend approbierte. Die darinenthaltenen Vorschläge zu mehr Mitwirkungsmöglichkeiten aller Katholiken warten nun auf ihre Umsetzung.

Arbeit an der eigenen Beerdigung

Für seine eigene Beerdigung machte Franziskus unterdessen Nägel mit Köpfen und vereinfachte die aufwendigen Rituale. Statt in drei Särgenmöchte er sich nur noch in einem beisetzen lassen - und das am liebsten außerhalb der Vatikanmauern. 

Seine ewige Ruhe plant er in der Basilika Santa Maria Maggiore - das ist mit den neuen Richtlinien möglich.

Mehr Papstwahlmänner

Für die Wahl von Franziskus' Nachfolger stehen ab dem 7. Dezember mehr Männer zur Verfügung. Dann erweitert der Papst das Kardinalskollegium um 21 Geistliche, von denen 20 die Altersgrenze von 80 Jahren noch nicht überschritten haben. 

Insgesamt 140 Kardinäle aus aller Welt würden dann im Todesfall in die Sixtinische Kapelle einziehen und müssten sich auf einen Nachfolger des Argentiniers einigen.

Großes Jubiläumsjahr

Zunächst aber wartet auf den bald 88-Jährigen ein weiteres herausforderndes Jahr. An Heiligabend eröffnet Franziskus das größte katholische Pilgerereignis in Rom. 32 Millionen Besucher werden zum Heiligen Jahr erwartet. 

Dessen zahlreiche Einzelevents füllen den päpstlichen Terminkalender. Zudem plant Franziskus eine Reise in die Türkei anlässlich des 1.700-Jahr-Jubiläums des Konzils von Nizäa.

Weiterhin werden sich Papst und Vatikan-Diplomaten für eine Lösung von Kriegen wie Konflikten und die davon betroffenen Menschenengagieren. Denn auch der Weltfrieden bleibt eine Dauerbaustelle.

Papst Franziskus

Jorge Mario Bergoglio wurde am 17. Dezember 1936 in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires geboren. Von 1950 bis 1954 machte er eine Ausbildung als Chemietechniker. In den Jesuitenorden trat er 1958 ein. Danach vervollständigte er seine humanistischen Studien in Chile.

Er kehrte 1963 nach Argentinien zurück und schloss sein Philosophiestudium ab. Im kommenden Jahr wurde er zum Professor für Literatur und Psychologie, erst in Santa Fe, dann in Buenos Aires. Ab 1967 studierte er Theologie, in der Zeit erhielt er auch seine Priesterweihe (1969).

Nachdenklich: Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Nachdenklich: Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

 

Quelle:
KNA