Papst setzt sich unkonventionell für kirchliche Einheit ein

"Streit und Schlägereien"

Seit Jahrzehnten tobt ein erbitterter Liturgie-Streit in einer indischen Ostkirche. Dabei schrecken die Beteiligten nicht vor Gewalt zurück. In einem ungewöhnlichen Schritt hat Papst Franziskus nun zur Vernunft aufgerufen.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Papst Franziskus ist für seine mitunter unkonventionellen Maßnahmen bekannt. In den Liturgie-Streit einer indischen Ostkirche griff er nun per Video ein. Der Vatikan veröffentlichte die gut sieben Minuten lange Botschaft an die Gläubigen der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly im Bundesstaat Kerala am Donnerstag.

Dabei verurteilte Franziskus die Gewalt gegenüber denjenigen, die sich an die Vorgaben zur Messfeier halten. "Ich habe euch schon oft dazu aufgefordert, eurer Kirche gegenüber fügsam zu sein. Wie kann es Eucharistie sein, wenn die Kommunion gestört wird, wenn das Allerheiligste Sakrament nicht respektiert wird, wenn es Streit und Schlägereien gibt?", fragte das katholische Kirchenoberhaupt.

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Zu- oder Abgewandt?

Im Mittelpunkt der seit Jahrzehnten dauernden inneren Auseinandersetzungen in der syro-malabarischen Kirche steht die Frage, ob der Priester die Eucharistie mit dem Gesicht zum Volk gewandt zelebrieren soll oder dem nach Osten ausgerichteten Altar zugewandt. 

Mitte 2021 beschloss die Synode der Kirche die Umsetzung eines Kompromisses, wonach der Priester bis zum Hochgebet mit dem Gesicht zur Gemeinde am Altar steht, sich dann umdreht und sich erst zum Ende des Gottesdienstes wieder der Gemeinde zuwendet. Eine Gruppe von Priestern und Laien, der auch Leitungsmitglieder des Erzbistums angehörten, lehnt den Kompromiss ab.

"Bruch wieder kitten"

Franziskus hatte bereits im August einen eigenen Beauftragten in das Bistum geschickt. Doch wurde dem Geandten der Zutritt zur Kathedrale verwehrt, er wurde mit Wasserflaschen und Eiern beworfen. Die Videobotschaft sende er jetzt, "damit niemand daran zweifelt, was der Papst denkt", so Franziskus.

Thomaschristen in Südindien / © Harald Oppitz (KNA)
Thomaschristen in Südindien / © Harald Oppitz ( KNA )

"Im Namen des Herrn, zum geistlichen Wohl eurer Kirche, unserer Kirche, bitte ich euch, diesen Bruch wieder zu kitten.", bat der Papst. Er rief die örtlichen Priester dazu auf, den Beschlüssen der Synode und ihren vorgesetzten Bischöfen Folge zu leisten. "Bitte seid aufmerksam! Passt auf, dass der Teufel euch nicht dazu verleitet, statt einer Kirche eine Sekte zu werden."

Rücktritt des Großerzbischofs

 Den Aufständischen setzte der Papst ein Ultimatum zur Umsetzung der Vorgaben bis Weihnachten dieses Jahres. Sonst müssten mit "großem Bedauern" entsprechende Sanktionen, etwa ein Ausschluss aus der Kirche, gegriffen werden.

Ebenfalls am Donnerstag hatte der Papst den Rücktritt des zuständigen Großerzbischofs angenommen. In ähnlich ungewöhnlicher Weise verabschiedete Franziskus Kardinal George Alencherry (78) mit einem Dankesschreiben. Den Rücktritt betrachte Franziskus nicht als Abschluss, "sondern als Erfüllung deines Dienstes". Dieser Schritt stelle ein weiteres Zeugnis der Treue zum Evangelium und eine neue Art des Dienstes an der Kirche dar. Er bete für ihn und sende seinen Segen, so der Papst.

Katholische Kirche in Indien

Unter den rund 1,38 Milliarden Indern sind die Katholiken mit etwa 18 Millionen nur eine kleine Minderheit. Im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil von unter zwei Prozent ist ihr Einfluss im Land jedoch viel größer. Die Kirche stellt ein Fünftel der schulischen Leistungen, dazu ein Viertel aller Unterstützungsprogramme für Witwen und Waisen und knapp ein Drittel der Versorgung von Lepra- und Aidskranken. Indien ist auch das Land mit den meisten Priesterberufungen weltweit.

Christen in Indien  / © Jaipal Singh (dpa)
Christen in Indien / © Jaipal Singh ( dpa )
Quelle:
KNA