Papst spricht mit Journalisten auf Rückflug aus Kasachstan

Russland, China und Verteidigung des Vaterlandes

Nach seiner Reise zum Kongress der Führer der Weltreligionen in Kasachstan hat Papst Franziskus auf dem Rückflug nach Rom traditionell Journalisten Rede und Antwort gestanden. Thema war unter anderem die deutsche Kriegsvergangenheit.

Papst Franziskus im Flugzeug / © Paul Haring/CNS Photo (KNA)
Papst Franziskus im Flugzeug / © Paul Haring/CNS Photo ( KNA )

Papst Franziskus hat sich anerkennend über Deutschlands Umgang mit der eigenen Geschichte geäußert.

"Etwas, was ich von euch gelernt habe, ist die Fähigkeit für die Fehler des Krieges um Vergebung zu bitten. Nicht nur um Vergebung zu bitten, sondern auch für die Fehler zu bezahlen", sagte der 85-Jährige am Donnerstag auf dem Rückflug von seiner Reise nach Kasachstan, wo er an einem Kongress der Religionsführer teilgenommen hatte.

Dies beschreibe gut, was es brauche, um Krieg zu vermeiden. "Ein Krieg in sich ist immer ein Fehler", betonte Franziskus. Leider erscheine es ihm derzeit so, als ob vielfach die Annahme vorherrsche, dass es kein Leben ohne Krieg gebe.

Verteidigung ein Akt der Liebe für das Vaterland

Weiter sieht Papst Franziskus das Recht auf Verteidigung als Akt der Liebe für das Vaterland. "Wer etwas nicht verteidigt, liebt es auch nicht, wer verteidigt, liebt", sagte das Kirchenoberhaupt vor den mitreisenden Journalisten. Zugleich sagte er, gefragt nach möglichen Waffenlieferungen in die Ukraine, dies sei eine politische Entscheidung.

Diese Entscheidung könne moralisch akzeptabel sein, wenn sie unter moralischen Bedingungen getroffen werde. Davon gebe es viele. "Aber sie kann unmoralisch sein, wenn sie gemacht wird, um mehr Krieg zu provozieren, um Waffen zu verkaufen oder um Waffen loszuwerden, die nicht mehr gebraucht werden." Letztlich sei die Motivation entscheidend mit Blick auf die Frage, ob eine solche Handlung moralisch zu rechtfertigen sei.

 Papst Franziskus im Flugzeug (Archiv) / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus im Flugzeug (Archiv) / © Paul Haring ( KNA )

Es sei zudem richtig, über die Frage des "gerechten Krieges" nachzudenken, so Franziskus weiter. Es gebe derzeit viele Kriege, nicht nur den Krieg in der Ukraine, sondern auch in Aserbaidschan oder seit mehr als einem Jahrzehnt den Krieg in Syrien. Ebenfalls nannte der Papst die Minderheit der Rohingya in Südostasien, die "wie Staatenlose" herumirrten. "Wir sind im weltweiten Krieg", beklagte Franziskus. Und manchmal scheine es, als ob unnütz sei, wer nicht Krieg führe. Aber letztlich bleibe der Frieden immer größer als der Krieg.

Papst hält Dialog mit Russland offenbar für möglich

Für Papst Franziskus ist der Dialog auch mit allen Kriegsparteien wichtig. "Ich schließe den Dialog mit einer Macht, die Krieg führt nicht aus, auch wenn es der Angreifer ist", sagte der Papst, ohne Russlands Angriff auf die Ukraine explizit zu nennen. Es bestehe immer die Möglichkeit, dass der Dialog den Verlauf der Dinge ändere. Dass er neue Perspektiven und neue Überlegungen eröffne.

Er könne nachvollziehen, dass es schwierig sei, einen Dialog zu verstehen, der mit Ländern geführt werde, die Krieg angezettelt hätten. "Das stinkt, aber wir müssen es machen". Es sei am Ende immer ein Schritt nach vorne, in Richtung Frieden. Wenn es den Dialog nicht gebe, gebe es Ignoranz oder Krieg. Denn oft sei fehlendes Wissen mitverantwortlich für den Ausbruch eines Krieges.

Papst Franziskus und Metropolit Antonius / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Metropolit Antonius / © Romano Siciliani ( KNA )

Papst Franziskus hatte in der kasachischen Hauptstadt am VII. Kongress der Führer der Weltreligionen teilgenommen. Ein ursprünglich geplantes Treffen mit dem Moskauer Patriarchen, Kyrill I., scheiterte an dem Nicht-Kommen des Patriarchen. Franziskus tauschte sich indes mit dem Chef der russischen Delegation, Metropolit Antonij, aus.

Dieser erklärte nach dem Gespräch, dass die russisch-orthodoxe Kirche weiterhin ein Treffen der beiden Kirchenoberhäupter für wichtig und erstrebenswert halte.

Austausch mit China sehr kompliziert

Papst Franziskus hält den Austausch mit China unterdessen für schwierig und mahnt zur Geduld. "Um China zu verstehen, braucht es ein Jahrhundert. Und wir leben kein Jahrhundert", sagte das Kirchenoberhaupt am Donnerstag auf dem Rückflug aus Kasachstan vor Journalisten. Der chinesische Rhythmus sei anders, viel langsamer.

Das Land habe eine ganz andere Kultur. Aber für das Verständnis müsse der Weg des Dialoges eingeschlagen werden. "Es ist nicht einfach, die chinesische Mentalität zu verstehen", so Franziskus. Aber man dürfe die Geduld nicht verlieren.

Derzeit, so der Papst weiter, sei Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, derjenige mit dem meisten Wissen über China.

Der Heilige Stuhl steht kurz vor der Verlängerung eines geheimen Abkommens Peking, das die Ernennung von Bischöfen im wechselseitigen Einvernehmen ermöglicht.

Nächste Papstreisen nach Bahrain, Südsudan und Kongo

Die nächsten Reisen des Papstes sollen voraussichtlich nach Bahrain, Südsudan und die Demokratische Republik Kongo gehen. Das Reisen sei "sehr schwierig" mit seinem lädierten Knie, erklärte Papst Franziskus am Donnerstag auf dem Rückflug von Kasachstan nach Rom vor Journalisten. Aber er werde sich trotzdem auf den Weg machen. Laut Vatikan ist als erstes eine Reise nach Bahrain im November geplant.

Darüber hinaus berichtete Franziskus, er habe sich mit dem Anglikanerprimas Justin Welby darüber ausgetauscht, wie die verschobene gemeinsame Reise in den Südsudan nachgeholt werden könne.

Papst Franziskus verlässt ein Flugzeug / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus verlässt ein Flugzeug / © Paul Haring ( KNA )

Hier sei über einen Termin im Februar kommenden Jahres gesprochen worden.

Die Visite war ursprünglich für Anfang Juli geplant gewesen. Zuvor wollte der Papst alleine in die Demokratische Repbulik Kongo reisen. Der Besuch im Kongo könnte nun ebenfalls im Februar stattfinden.

Insbesondere aufgrund seines schmerzenden Knies war der ursprüngliche Reisetermin wenige Wochen vor dem geplanten Beginn abgesagt worden. Damals hatten die Ärzte dem Papst von den Strapazen dringend abgeraten.

Auch auf der dreitägigen Reise in die kasachische Hauptstadt Nur-Sultan waren die Beschwerden von Franziskus offensichtlich. Er bewegte sich meist im Rollstuhl und konnte weder länger stehen noch ohne Gehhilfe und Unterstützung gehen.

Kasachstan

Der Steppenstaat Kasachstan ist mit einer Fläche von 2,7 Millionen Quadratkilometern das neuntgrößte Land der Welt. Vor allem aufgrund seiner reichen Rohstoffvorräte - unter anderem Öl, Gas und Uran - gehört Kasachstan zu den wirtschaftlichen Schwergewichten in Zentralasien.

Ökonomisch und politisch steht Kasachstan in vielfältigen Kontakten zu den beiden Nachbarstaaten China und Russland. In Baikonur betreibt Russland einen Weltraumbahnhof. Von hier aus startete der russische Kosmonaut Juri Gagarin 1961 zum ersten bemannten Flug ins All.

Blick auf Nur-Sultan in Kasachstan / © Jane Peimer (shutterstock)
Blick auf Nur-Sultan in Kasachstan / © Jane Peimer ( shutterstock )
Quelle:
KNA