DOMRADIO.DE: Sie haben vor Beginn der Paralympics von einem Kribbeln über der Stadt gesprochen. Wie sehr hat die Euphorie gehalten und Sie begeistert?
Pastor Christian Bode (Evangelischer Pastor und Seelsorger bei den Paralympics): Es war großartig. Es war ein Spiel der neuen Dimension. Und dieses Kribbeln ist gestern Abend leider zu Ende gegangen. Mit einem riesengroßen Applaus haben wir das mit 70.000 Leuten im Stadion gefeiert. Aber ich glaube, diese gesamte Atmosphäre wird weitertragen. Die Spiele sind eigentlich gar nicht zu Ende gegangen.
DOMRADIO.DE: Es sollen die besten Paralympischen Spiele überhaupt gewesen sein, heißt es. Sie waren schon bei einigen dabei. Kann man das so sagen?
Bode: Es ist eine neue Dimension, die aufgeschlagen wurde. Mich hat am meisten beeindruckt, dass hier Olympia und Paralympics in einem Atemzug genannt worden sind. Das ist für die paralympische Bewegung ein riesengroßer Schritt, ein Schritt Richtung Gleichberechtigung, ein Schritt Richtung Inklusion. Das ist Begeisterung pur. Das ist der Weg in die richtige Richtung.
DOMRADIO.DE: Sie waren zusammen mit der katholischen Olympia-Seelsorgerin Elisabeth Keilmann vor Ort, waren Ansprechpartner für die deutschen Athletinnen und Athleten. Mit welchen Themen sind die Sportlerinnen und Sportler zu Ihnen gekommen? Wo und wie haben Sie da helfen können?
Bode: Sieg und Niederlage ist natürlich das bestimmende Thema. Fünf Jahre Training, manchmal länger. Ein großer Traum hier. Und wenn dann doch nicht die erwünschte, ersehnte Medaille dabei herauskommt, ist das tragisch. Dann haben wir ein großes, offenes Ohr gehabt.
Es sind auf der anderen Seite aber auch ganz normale Lebensthemen, die einen hier vor Ort bestimmen. Und auch Themen über Kirche und Glauben und Gott und die Welt bei Gesprächen zwischen Tür und Angel. Es ist eine breite Palette. Wir sind dagewesen, Tag für Tag.
DOMRADIO.DE: Sie sind schon seit einigen Jahren als Seelsorger bei den Paralympics dabei, auch als Trainer damals beim Tischtennis 2008 in Peking beispielsweise Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Bode: Es hat eine enorme Professionalisierung des gesamten Behindertensports stattgefunden. Wir sind 2008 noch als Honorartrainer-Team nach Peking gefahren. Heute hat jedes Team einen Bundestrainer, einen gesamten Trainerstab inklusive Physiotherapeuten. Es gibt Professionalisierung durch deutlich mehr Training. Das bedeutet auch für die Sportlerinnen und Sportler, dass viele von ihnen jetzt schon als Halb- oder Vollprofis unterwegs sind. Da ist enorm etwas passiert.
DOMRADIO.DE: Sie haben auch Gottesdienste im Deutschen Haus gefeiert, Abendgebete angeboten. Wie kann man sich das vorstellen?
Bode: Wir haben zwei kleine Auszeiten im paralympischen Dorf angeboten. Es ging darum, ein Stück zurückzutreten, bei sich selbst anzukommen, mit kleinen Körperübungen und mit Gebet und Segen durchzuatmen. Dazu haben wir Gottesdienst für die große paralympische Familie im Deutschen Haus Paralympics mit über 70 Teilnehmerinnen gefeiert. Das war eine Auszeit, eine Zeit zum Kraft tanken, eine Zeit für Gebet und Gesang.
DOMRADIO.DE: Erst Olympische Spiele, dann kurz danach die Paralympischen Spiele. Ist diese Trennung eigentlich gut so? Oder würden Sie sogar sagen, man kann es zusammenlegen?
Bode: Ich finde das einen großen Traum, den man haben darf. Eine große Vision. Aber das beinhaltet ein hohes Maß an Logistik. Hier hat der Organisationschef in der Vorbereitung eingebracht, dass man darüber nachdenken könnte, dass man die Schlussfeier von Olympia direkt als Eröffnungsfeier von den Paralympics feiern kann. Ich bin sicher, wir werden erleben, dass Olympia und Paralympics stärker zusammenwachsen werden.
Das Interview führte Carsten Döpp.