DOMRADIO.DE: Es war lange Zeit unklar, wie es mit diesem Kloster weitergeht. Zwei Jahre nachdem die letzten beiden Benediktinerinnen Säben verlassen hatten, stand das Gebäude leer. Dann fiel die Entscheidung für eine Neubesiedlung. Warum sind Sie jetzt derjenige, der dort einzieht?
Pater Kosmas Thielmann (Zisterzienserpater): Bischof Ivo Muser von der Diözese Bozen-Brixen und Mutter Ancilla, die Äbtissin von Säben, haben sich 2022 an Heiligenkreuz gewandt und uns gefragt, ob wir uns vorstellen könnten, etwas auf Säben zu machen. Wir haben lange diskutiert, lange überlegt. Wir haben 2018 das Kloster Neuzelle an der deutsch-polnischen Grenze in Brandenburg begründet. Das bindet viele personelle und finanzielle Ressourcen. Wir haben es uns nicht leicht gemacht.
Wir haben im November 2023 ein Probewohnen hier oben auf Säben gehalten und dann im März diesen Jahres die Entscheidung getroffen, dass wir Säben wagen wollen. Für uns auch ganz ungewohnt. Hier starten wir klein mit einem Mönch als Pilger-Seelsorger für die Menschen, die nach Säben kommen, für einheimische Menschen aus ganz Südtirol, aber auch die Touristen, die den Weg hinauf finden.
Das ist für uns ganz neu. Aber wir wollen, bildlich gesprochen, dass wieder Licht auf Säben brennt und dass die Klosterkirche wieder offen ist, dass Menschen auch zum Gebet kommen können und hier oben täglich auch eine Heilige Messe mitfeiern können und zur Beichte gehen können.
DOMRADIO.DE: Sie sind zunächst der einzige Mönch, der auf Säben leben wird. Sie werden sich hoffentlich nicht verlaufen auf dem riesigen Areal hoch oben auf dem Berg.
Pater Kosmas: Ach, das geht, das ist halb so wild. Man merkt, es ist ein ganz durchbeteter Ort. Nicht nur durch die Benediktinerinnen-Gemeinschaft, die über 300 Jahre hier auf Säben gelebt, gebetet und gearbeitet hat. Sondern Säben ist der Ursprung des katholischen Glaubens in Tirol.
Die erste Kirche stand hier ungefähr um 400, schon auch wohl für bischöfliche Funktionen genutzt. Dann war es gut 500 Jahre Bischofssitz. Auch nach der Verlegung des Bischofssitzes ungefähr um 1000 herum war Heiligkreuz, die frühere Bischofskirche ganz oben auf dem Berg, immer Ziel von Pilgern. Der Ort trägt. Deswegen fühle ich mich nicht alleine, sondern getragen von dem jahrhundertealten Gebetsort.
DOMRADIO.DE: Es gab zwischendurch auch Ideen, aus dem Kloster eine Art Bildungshaus zu machen. Aber der Bischof von Bozen-Brixen, Ivo Muser, der wollte wieder einen Orden ansiedeln. Welche Rolle soll das Kloster Säben in Zukunft für Südtirol und für alle Menschen dort spielen?
Pater Kosmas: Das Ziel von Bischof Muser war, Säben als heiligen Berg Tirols zu erhalten, als ein geistliches Zentrum des Landes und deswegen auch eine geistliche Gemeinschaft anzusiedeln. Entscheidend für ein geistliches Zentrum sind vor allem die Menschen, die diesen geistlichen Ort besuchen.
Salopp gesprochen: Die Südtiroler stimmen mit ihren Füßen ab, die von ihren Herzen, ihrer Sehnsucht, ihren Nöten, ihren Freuden, ihrem Dank hier auf den Berg gelenkt werden. Sie stimmen mit ihren Füßen ab, diesen Ort als geistliches Zentrum Südtirols zu erhalten und zu stärken.
DOMRADIO.DE: Sie kommen gebürtig aus Essen, haben Theologie, Jura und Medizin in Bochum und Köln studiert und werden im Festgottesdienst am 7. September die Klosterschlüssel vom Bischof überreicht bekommen. Was ist das für ein Moment für Sie?
Pater Kosmas: Die Freude ist sehr groß. Der Moment ist ein ganz besonderer, weil mir etwas Großes und auch sehr Kostbares anvertraut wird. Bischof Ivo Muser hat, als er zu unserer Gemeinschaft sprach, betont: Wir bieten euch, der Gemeinschaft von Heiligenkreuz, nicht irgendetwas an, sondern wir bieten euch das Kostbarste an, was die Diözese hat, nämlich Säben, den heiligen Berg Tirols, das geistliche Zentrum Südtirols.
Das war sehr berührend. Es ist ein schon sehr besonderer Moment für mich, wenn das im Rahmen des Gottesdienstes geschehen wird und der Bischof mir nicht nur ein Dekret überreicht, ein Blatt Papier, sondern eben auch die Klosterschlüssel, die Kirchenschlüssel und den Tabernakelschlüssel.
Das Interview führte Carsten Döpp.