Priester hätten sich in der Vergangenheit oft des Schweigens von Verantwortlichen und der Menschen in den Gemeinden sicher sein können, sagte Meier am Mittwoch im Augsburger Dom. "Das liegt auch an der Überhöhung des priesterlichen Selbstverständnisses, das von verschiedenen Ebenen mitgetragen oder gar gefördert wurde."
Geweihte bleiben normale Menschen
Meier betonte: "Wir Priester und Diakone sind Werkzeuge, keine eigene 'Kaste'. Wenn ich das so deutlich sage, will ich nicht einer Entsakramentalisierung der Weihe das Wort reden, sondern einer Entsakralisierung von Amtsträgern, die nicht in allem, was sie tun und lassen, sakrosankt sind - denn wir bleiben Menschen, auch nach der Weihe zu Diakonen, Priestern und Bischöfen."
Historisch habe sich der Klerus als eigener Stand herausgebildet, "profiliert als Gegenüber zur Gemeinde", so Meier. Das Priestertum des Dienstes sei zum Amtspriestertum geworden.
Verengte Sicht problematisch
"Die Repräsentation Christi konzentrierte sich auf den Klerus, der sich damit immer mehr von der Gemeinde abgrenzte." Meier sagte: "Diese Sicht wird problematisch, wenn sie keine Ergänzung mehr findet durch die gemeinsame sakramentale Basis in der Taufe, und wenn der Amtsträger die Analogie vergisst, die in seinem Anspruch steckt, Christus zu vertreten."
Priester erschienen "unantastbar, sakrosankt", ergänzte Meier. Doch durch Christus hätten alle Getauften Zugang zu Gott: "Jeder und jede Getaufte repräsentiert Christus." Priester werde man nicht für sich selbst, sondern immer für andere, für das Volk, betonte der Bischof.
"Kirchen wurden auch leer gepredigt"
So, wie sich die Kirche nicht mit Christus gleichsetzen dürfe, gelte dies auch für den Priester. "Selbst Glied des Volkes Gottes, verrichtet er einen Dienst an der Gemeinschaft. Er soll einheitsstiftend wirken, nicht in Konkurrenz zu den anderen Getauften."
Meier kritisierte überdies: "Von Corona abgesehen, sind unsere Kirchen nicht zufällig leer. Sie wurden auch 'leer gepredigt'. Das oberflächliche Gerede mancher Priester und Diakone hilft den Menschen fürs Leben wenig."
Der Bischof äußerte sich in der Chrisammesse. Dabei werden traditionell die heiligen Öle gesegnet, die dann in den Gemeinden zur Spendung der Sakramente verwendet werden.
Neuer Generalvikar und Ordinariatskanzler
Ebenfalls am Mittwoch gab Bischof Meier neue Personalia bekannt. Demnach wird Domdekan Wolfgang Hacker (Jahrgang 1962) zum 1. Juli Generalvikar und damit zweiter Mann im Bistum. Schon ab 1. April übernehme er das Amt als Stellvertreter. Damit löst Hacker zunächst Alessandro Perego (Jahrgang 1959) ab und später Harald Heinrich (Jahrgang 1967). Meier dankte Perego und Heinrich "von Herzen" für ihre Arbeit. Außerdem verkündete Meier, seine Diözese habe ab 1. April einen Ordinariatskanzler: den Rechtsdirektor Reiner Sroka.
Der im Fach Fundamentaltheologie promovierte Hacker hatte im Juni 2020 nach Meiers Weihe zum Bischof dessen Platz als Domdekan übernommen. Er empfing 1987 die Priesterweihe, wurde 2000 Domvikar und 2002 Domkapitular.
Der Volljurist Sroka (Jahrgang 1962) ist seit 1991 für das Bistum tätig. Mit der Ernennung des Ordinariatskanzlers werde eine Vorgabe des Kirchenrechtes umgesetzt, erklärte Meier. Srokas vornehmliche Aufgabe bestehe darin, für die Ausfertigung und Herausgabe von Akten und ihre Aufbewahrung im Archiv zu sorgen.
Aktenlage dringendes Thema
"Gerade jetzt, da das Thema Aktenlage und Archiv drängend ist", so Meier, "sehe ich es als meine Pflicht an, auch bei uns einen Kanzler zu ernennen." Sroka bleibe neben seinem neuen Amt weiter Leiter der diözesanen Hauptabteilung VIII (Zentrale Dienste) und des Ständigen Arbeitsstabes zur Behandlung von Missbrauchsfällen.
Heinrich hatte 2012 erstmals das Amt des Generalvikars übernommen, das dann mit dem altersbedingten Rücktritt von Bertram Meiers Vorgänger als Bischof, Konrad Zdarsa, im Juli 2019 automatisch erlosch. Während der Sedisvakanz wurde Heinrich von Meier in dessen Funktion als Diözesanadministrator und später als Apostolischer Administrator zu seinem Ständigen Vertreter ernannt, die Bischöfliche Verwaltung leitete er somit weiter.
Perego leitet seit März 2017 als Offizial das Bischöfliche Konsistorium, das kirchliche Gericht der Diözese Augsburg. Außerdem koordiniert er im Bistum die Seelsorge für die Katholiken anderer Muttersprachen. Diese Aufgaben führt er weiter. Den Posten des stellvertretenden Generalvikars hatte er seit Juni 2020 inne.