Pfarrer aus aller Welt beraten in Rom über Weltsynodethemen

"Alle wollen die Kirche verändern"

Seit Montag beraten rund 200 Gemeindepriester aus 90 Ländern bei Rom über die Themen der Weltsynode. Drei deutsche Pfarrer sind dabei und erleben eine Kirche, in der viele Erfahrungen ausgetauscht werden, sagt Pfarrer Jochen Thull.

Papst Franziskus spricht während der Weltsynode am 17. Oktober 2023 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spricht während der Weltsynode am 17. Oktober 2023 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der Mittwoch ist der dritte Tag, an dem Sie sich mit Ihren Kollegen aus aller Welt austauschen. Wie müssen wir uns das Treffen vorstellen?

Pfarrer Jochen Thull (Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Priesterräte Deutschlands, Sekretär des Priesterrates im Erzbistum Köln, Leitender Pfarrer in Brühl und Wesseling): Wir, die über 190 Priester aus aller Welt, sind in zwanzig Sprachgruppen aufgeteilt. In meiner Gruppe sind zwölf Priester, die aus Indonesien, Indien, afrikanischen Ländern, Timor und einer aus den Vereinigten Staaten kommen. Wir sitzen an einem runden Tisch und gehören zu der Sprachgruppe Englisch. Weitere Sprachen sind Französisch, Spanisch und Italienisch.

DOMRADIO.DE: Und wie läuft dann die Debatte ab?

Thull: Zu Beginn gibt es eine inhaltliche Einführung zum Thema. Danach hat jeder in der Kleingruppe vier Minuten Zeit, seine Erfahrung dazu zu erzählen. Dem folgen fünf Minuten Stille für die Besinnung. Danach kommt das Widerspiegeln. Dabei trägt jeder in zwei Minuten vor, was er gehört und verstanden hat und was ihm aufgefallen ist. Erst nach dieser Arbeit geht es in den Austausch, an dessen Ende wir ein paar Ergebnisse festhalten.

Pfarrer Jochen Thull

"Dass unsere Erfahrungen im Konkreten unterschiedlich sind, aber dahinter vieles ähnlich ist, weil dahinter die gleichen Fragen stehen."

DOMRADIO.DE: Hat sich bei Ihnen durch den Austausch schon etwas verändert?

Thull: Am zweiten Tag war das, als wir nach dem Sammeln festgestellt haben, dass unsere Erfahrungen über Synodalität in der Kirche und der Umgang mit Gruppen zwar im Konkreten unterschiedlich sind, aber dahinter vieles ähnlich ist, weil hinter all den Themen die gleichen Fragen stehen: Wie geht Synodalität? Wie finden wir Lösungen für unsere Probleme? Wie können wir an einer Veränderung der Kirche mitarbeiten?

DOMRADIO.DE: Geht es bei Ihnen gar nicht so um die konkreten Themen wie den Zölibat oder die Rolle der Frau?

Thull: Ja, es ist mehr die Frage, wie wir überhaupt miteinander neue Lösungen erarbeiten können. Das Oberthema ist die Entwicklung von synodalen Wegen und Prozessen für die Entscheidungsfindungen. Natürlich kommen in den Äußerungen im Plenum oder aus den Ergebnissen der Gruppen auch Fragen zu Themen wie dem Zölibat oder auch nach der Weihe von Frauen ins Priestertum oder Diakonat. Das sind aber nicht die Themen, die wir in der Tiefe erörtern, sondern bei unseren Beratungen geht es um diesen Gesamtprozess.

DOMRADIO.DE: Bei welchen Themen gibt es denn die größten internationalen Unterschiede oder wird es im Austausch an Ihrem Tisch schon mal emotionaler?

Pfarrer Jochen Thull

"Es gab bisher kein Thema, wo große Unterschiede oder Streit aufgekommen ist."

Thull: Emotionaler wird es eher, weil wir merken, dass wir an einem Strang ziehen, weil die Themen und Probleme dieselben sind. Es gab bisher kein Thema, wo große Unterschiede oder Streit aufgekommen ist.

DOMRADIO.DE: Morgen treffen Sie Papst Franziskus. Haben Sie eine Botschaft für ihn?

Thull: Ich glaube nicht, dass wir eine Botschaft für den Papst haben, sondern dass der Papst von uns gezielt die Fragen hören will, die wir gesammelt haben. Jeder, der wollte, konnte sich dort beteiligen. Ich vermute, dass das Gespräch mit dem Papst ein sehr direkter Dialog auf Augenhöhe wird. Also gar nicht so viel erzählt, sondern eher zugehört wird, sodass der Papst mit uns in ein Gespräch kommt.

DOMRADIO.DE: Im Oktober folgt ein zweites Treffen, um ein Arbeitspapier zu erstellen, das der Vollversammlung der Weltsynode vorgelegt werden soll. Dabei geht es unter anderem um nicht weniger als die Zukunft der katholischen Kirche. Haben Sie Wünsche an dieses Arbeitspapier?

Pfarrer Jochen Thull

"Ich vermute, dass das Gespräch mit dem Papst ein sehr direkter Dialog auf Augenhöhe wird."

Thull: Das Arbeitspapier wird vom Synodensekretariat erstellt. Ich glaube, dass wir sehr ehrlich unsere Erfahrungen, dass wir in einer Umbruchzeit sind, und unsere Wünsche, dass wir uns verändern müssen, hier rüberbringen. Der Pfarrer aus Boston in meiner Gruppe sagte: Wer still stehen bleibt und nichts tut, bewegt sich zurück. Das ist hier der Konsens. Alle wollen nach vorne gehen und die Kirche mit Blick auf die Erfordernisse des Zeitgeschehens verändern.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR