Pfarrerin Hornfeck bringt Menschen mit der Schöpfung in Berührung

"Feel the Spirit"

Im Kirchenkreis Jülich gibt es eine der ersten Pfarrstellen für Schöpfungsspiritualität der evangelischen Kirche in Deutschland. Yara Hornfeck ist die zuständige Pfarrerin und gewinnt mit naturnaher Gemeindearbeit viele Ehrenamtliche.

Autor/in:
Carsten Döpp
Symbolbild Naturschutz / © Tanja Esser (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie besetzen im Kirchenkreis Jülich eine ganz neue Form der Pfarrstelle, die sogenannte Schöpfungsspiritualität. Was hat es damit genau auf sich? 

Yara Hornfeck (Systemische Beraterin (DGSF), Fachkraft tiergestützte Intervention (ISAAT), Therapie-Begleithunde-Team (ESAAT)): Wir nehmen dabei die Schöpfung als "Offenbarung für den Geist des Lebens" sehr ernst. Ich habe selber eine große Affinität zur Natur und festgestellt, dass ich damit nicht alleine bin. Viele Menschen finden nicht nur Ruhe und Frieden in der Natur, sondern manchmal auch Antworten auf Fragen. Aus Gesprächen ist das Konzept für diese Vorstellung gewachsen und jetzt geht es in den Erprobungsraum. 

Yara Hornfeck

"Hier tut sich ein weites Feld auf, wo die evangelische Kirche noch einmal anders auf Menschen zugehen und sich dafür öffnen könnte, dass es noch andere Formen von Spiritualität gibt."

DOMRADIO.DE: Diese neue Pfarrstelle ist eine von drei solcher Stellen in der evangelischen Kirche Deutschlands, richtig? 

Hornfeck: Ich habe tatsächlich noch gar nicht so viele Kolleginnen oder Kollegen gefunden, die in dem Bereich arbeiten. Hier tut sich ein weites Feld auf, wo gerade die evangelische Kirche noch einmal anders auf Menschen zugehen und sich dafür öffnen könnte, dass es noch andere Formen von Spiritualität gibt; dass es nicht unbedingt der Sonntagsgottesdienst in der Kirche sein muss, in den Mauern mit der geprägten Liturgie. Sondern dass man genauso gut auch Gottesdienst anders feiern kann. 

Ein Hirsch steht auf einer Lichtung im Wald / © Budimir Jevtic (shutterstock)
Ein Hirsch steht auf einer Lichtung im Wald / © Budimir Jevtic ( shutterstock )

Wobei ich es tatsächlich gar nicht mehr Gottesdienst nenne. Ich habe das Gefühl, dass Menschen mit diesen geprägten kirchlichen Begrifflichkeiten teilweise etwas anderes verbinden, als ich oder andere Theologen und Pfarrer meinen. Und ich gehe teilweise so weit, dass ich gar nicht von den Buchstaben G-O-T-T rede, sondern einfach ein anderes Wort nutze. So wie es in der Bibel auch viele Bezeichnungen für Gott gibt. 

Yara Hornfeck

"Die Natur ist für diese Gottesdienste ein gleichwertiger Gesprächspartner."

DOMRADIO.DE: Sie gehen also neue Wege zur Spiritualität, zum Beispiel feiern Sie regelmäßig Gottesdienste in der freien Natur. Wie würden Sie das denn nennen? 

Hornfeck: Ich nenne das "Feel the Spirit", also "fühle den Geist". Ich gehe in meinem theologischen Denken davon aus, dass der Geist Gottes alles durchzieht und dass wir geschwisterlich nebeneinander stehen. Dabei brauchen wir gar nicht so viele Worte, sondern es geht mehr darum, einen Raum zu öffnen, wo die Menschen selber erleben können. Beispielsweise habe ich versucht, die Liturgie in Körperübungen, in Begegnungen mit Bäumen, in kreatives Gestalten etc. zu übersetzen. Und die Natur ist für diese Gottesdienste ein gleichwertiger Gesprächspartner.

Yara Hornfeck

"Es gibt meistens einen Impuls, mit dem die Menschen in die Natur geschickt werden, um selber Erfahrungen zu machen."

DOMRADIO.DE: Wie läuft das ganz praktisch ab? 

Hornfeck: Wir haben einen Sammelpunkt, gehen dann in der Regel eine kürzere oder längere Strecke, wenn wir nicht gerade weiter wandern. Dann suchen wir gemeinsam Äste und legen einen Kreis, der uns in dieser Zeit beheimatet. Wir haben wunderschöne Musik durch Veeh-Harfen, die sich ganz schön in die Natur einfügen. Es gibt kurze Gebete, kurze Lieder und dann meistens einen Impuls, mit dem die Menschen alleine oder in kleinen Gruppen in die Natur geschickt werden, um selber Erfahrungen zu machen. 

Einmal haben wir zum Beispiel ein Mandala zu einem bestimmten Thema aus Naturmaterialien gemeinsam gelegt. Die Menschen nehmen die Inhalte aus dem mit, was die Natur, die Schöpfung, ihnen in dem Moment ganz persönlich mitteilt. 

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt dabei Ihr Hund Albus? 

Hornfeck: Albus ist in der Regel dabei. Bei diesen "Feel the Spirit"-Einheiten, muss ich ganz ehrlich sagen, hoffe ich, ihn in Zukunft dabei zu haben. Er ist noch sehr jung, drei Jahre alt und eine Arbeitslinie des Labradors, also voller Energie. Im Moment habe ich noch ein bisschen Skrupel, weil ich denke, er könnte zu lebhaft sein und die Atmosphäre ein bisschen aufwühlen.

Yara Hornfeck

"Es ist unglaublich, wie viele Menschen sich engagieren möchten. (...) Sie möchten mit ihrem Hund ein bisschen Glück an andere Menschen weitergeben." 

DOMRADIO.DE: Welche Projekte haben Sie denn für die Zukunft, zum Beispiel für das Jahr 2025, geplant? 

Hornfeck: Wir haben unglaublich viele Ideen und es hapert im Moment an der Zeit. Losgehen wird es mit einem Hundebesuchsdienst-Kreis, den wir ins Leben gerufen haben. Ich habe eine Ausbildung als Hundetrainerin und wir werden Hund und Mensch dafür vorbereiten, dass sie ehrenamtlich Senioren im Seniorenheim besuchen. Es ist unglaublich, wie viele Menschen sich da engagieren möchten. Im Moment sagen alle, dass Ehrenamtliche wegbrechen, und wir sind mit Bewerbungen überschüttet worden. Die Menschen möchten mit ihrem Hund ein bisschen Glück an andere Menschen weitergeben. Das war wirklich sehr berührend. 

Symbolbild Tiersegnung / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Tiersegnung / © Harald Oppitz ( KNA )

Das ist ein Projekt, was im nächsten Jahr losgehen wird und wir haben ganz viele Ideen in petto. Man könnte zum Beispiel Konfirmandenunterricht im Wald wie eine Waldschule oder einen Waldkindergarten machen. Sozusagen die Glaubensinhalte draußen am Beispiel von Schöpfung erarbeiten. So etwas wie den Tiersegnungsgottesdienst, den wir zuletzt hatten, wollen wir gerne ausbauen. Es gibt also wirklich viele Ideen, die sich immer sehr auf das Tun und auf das Miteinander von Mensch, Tier und Natur beziehen. 

Das Interview führte Carsten Döpp. 

Quelle:
DR