Predigerinnentag schaut besonders auf die Rolle der Frau

"Vielfalt in der Kirche fördern"

Annette Bernards ist ehemalige Juraprofessorin und engagiert sich ehrenamtlich in der Kirche. Am Predigerinnentag wird sie wie viele andere Frauen in einer Messe predigen. Sie erklärt, warum dies für sie ein wichtiges Anliegen ist.

Die Kanzel: Häufig der Ort für die Predigt / © Uwe Aranas (shutterstock)
Die Kanzel: Häufig der Ort für die Predigt / © Uwe Aranas ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Der Predigerinnentag ist am 17. Mai, gepredigt von Frauen wird in Gottesdiensten aber schon davor. Wie war das bei Ihnen mit dem Predigen? Hat das jemand in Ihnen gesehen? Oder wollten Sie das schon lange machen?

Annette Bernards (Juristin und Trägerin des päpstlichen Silvesterorden): Ich bin schon als Kind in die Kirche hineingewachsen. Ich habe großes Glück gehabt, irgendwo immer einen Platz gefunden zu haben, in dem ich mich mit meinen Begabungen einbringen und Kirche mitgestalten konnte. So wie es auch für mich gut war. Dafür bin ich sehr dankbar. 

Annette Bernards

"Das ist etwas, was ich im Beruf gelernt habe, zu formulieren und Menschen über die Sprache anzusprechen." 

Als Professorin bin ich es gewöhnt, zu reden. Das ist etwas, was ich im Beruf gelernt habe, zu formulieren und Menschen über die Sprache anzusprechen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum manche Menschen gedacht haben, dass ich das auch in der Kirche machen kann. 

Apostelin Junia

Junia wird auch als die wiedergefundene Apostelin bezeichnet, denn erst seitdem es die neue Einheitsübersetzung (2016) gibt, finden wir im Römerbrief den Namen Junia. 

In fast allen älteren Bibelausgaben ist an dieser Stelle des Römerbriefes von zwei Männern die Rede – Andronikus und Junias. Im griechischen Text steht "Grüßt Andronikon und Junian". Diese Akkusativformulierung könnte als Junia oder Junias übersetzt werden.

Eine junge Frau sitzt an einem Tisch und liest die Bibel am 16. August 2022 in Bonn / © Julia Steinbrecht (KNA)
Eine junge Frau sitzt an einem Tisch und liest die Bibel am 16. August 2022 in Bonn / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Sich als Frau mit anderen Frauen zusammen in der Kirche sichtbar und hörbar zu machen, das ist mir ein großes Anliegen. Vor allem weil es uns heute hoffentlich nicht mehr so gehen soll wie der Junia, dass wir übersehen oder zu Männern gemacht werden.

DOMRADIO.DE: Haben Sie beim Predigerinnentag schon mal mitgemacht, oder predigen Sie am 17. Mai zum ersten Mal in der Kirche?

Bernards: Nein, ich habe schon mitgemacht. Schon zwei, dreimal sogar. Wir nehmen in Karlsruhe den Juniatag zum Anlass, um den Gottesdienst als Frauen mitzugestalten. 

Das ist ganz bewusst eine Eucharistiefeier. Die ist nicht irgendwo hinten drangehängt als ein Frauengottesdienst, abends unter Frauen, sondern in der Gemeinde mit allen zusammen, die sonst an diesem Tag auch Gottesdienst feiern.

Annette Bernards

"Es stellt sich immer die Frage, ob ich das finde, was andere Menschen anspricht." 

DOMRADIO.DE: Was war das für ein Gefühl, als Sie das erste Mal predigen durften? Können Sie sich erinnern?

Bernards: Es stellt sich immer die Frage, ob ich das finde, was andere Menschen anspricht. Ein Vergleichen, muss ich sagen, war am Anfang auch da. Ich habe mich gefragt, ob ich wie die Priester predigen kann. Aber davon habe mich schnell gelöst und gesagt, was in mir steckt, was aus meinem Glauben gewachsen ist. 

Ich formuliere sehr viel in Ich-Form. Damit versuche ich, dass sich andere drin wiederfinden. Ich predige immer zusammen mit mindestens einer zweiten oder dritten Frau. Denn ich stehe nicht so gerne allein da.

Annette Bernards

"Es ist nicht nur Gleichberechtigung, sondern es fördert insgesamt die Vielfalt der Kirche."

DOMRADIO.DE: Sie sind Juraprofessorin. Ist das Predigen als Frau in der Kirche für Sie eine Frage der Gerechtigkeit?

Bernards: Auf jeden Fall. Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, wie sehr Frauen und Männer sich gegenseitig bereichern. Es gab in meiner Jugendzeit ein Buch mit dem Titel "Glauben Frauen anders?" Ich glaube, ein bisschen Wahres steckt darin. 

Frauen können aus ihrer Sicht, aus ihrer Weise und aus ihrer Art zu glauben etwas anderes einbringen. Deswegen kann das nur bereichernd sein. Es ist nicht nur Gleichberechtigung, sondern es fördert insgesamt die Vielfalt der Kirche.

Annette Bernards

"Ich kann hadern, ich kann mich ärgern, ich kann das aber auch sehr deutlich ins Wort fassen."

DOMRADIO.DE: Sie sind für ihr ehrenamtliches Engagement in den Gemeinden, das Sie seit über einem halben Jahrhundert tätigen, mit dem päpstlichen Silvesterorden gewürdigt worden. Wie sehr hadern Sie mit Ihrer spirituellen Heimat in Bezug auf die Rolle der Frau in der Kirche?

Bernards: Ich bin ein Konzilskind. Ich bin ein Jahr bevor die Liturgiereform eingeführt wurde, zur Kommunion gegangen. Ich kenne den alten Ritus, und ich habe diese Umbruchsituationen im Zweiten Vatikanischen Konzil miterlebt. 

Deswegen kann ich im Rückblick auf diese über 50 Jahre sagen, dass ich schon auch eine Kämpferin bin. Ich weiß, dass man in der Kirche einen sehr langen Atem braucht, dass man dranbleiben muss, dass man manches auch erkämpfen muss. Das geht nicht von heute auf morgen. 

Das hat mir sehr geholfen, auch heute mit der Situation der Kirche fertig zu werden. Ich kann hadern, ich kann mich ärgern, ich kann das aber auch sehr deutlich ins Wort fassen. Gleichzeitig kann ich eine andere Seite von Kirche hier vor Ort erleben.

Predigerinnentag

Rund um den 17. Mai, dem Tag der Apostelin Junia, melden sich seit 2020 Frauen aus ganz Deutschland in Gottesdiensten zu Wort und setzen ein Zeichen für eine geschlechtergerechte Kirche. 2023 predigten bundesweit über 100 Frauen rund um den Predigerinnentag.

Auch 2024 gibt es einen kfd-Predigerinnentag. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands freut sich über viele Frauen, die vom 29. April bis 17. Mai unter dem Motto "Predigerinnentag – die kfd lädt ein" ihre Predigt halten. (kfd)

Ulrike Fendrich spricht beim Gottesdienst am 16. Mai 2021 im Essener Dom, zum "Predigerinnentag" der kfd / © Rudolf Wichert (KNA)
Ulrike Fendrich spricht beim Gottesdienst am 16. Mai 2021 im Essener Dom, zum "Predigerinnentag" der kfd / © Rudolf Wichert ( KNA )
Quelle:
DR