Psychologe gibt Tipps fürs Wohlbefinden in der Adventszeit

"Das Fest ist für die meisten ein Erholungssprung"

Der Advent lässt sich auch ohne Hektik bewältigen. Oliver Weigelt hat das Wohlbefinden von Menschen in der Weihnachtszeit in einer Studie untersucht. Im Interview verrät der Psychologe, warum Stress sogar etwas Aufbauendes sein kann.

Autor/in:
Von Isabel Barragan
Ein Mädchen auf dem Weihnachtsmarkt / © Irina Wilhauk (shutterstock)
Ein Mädchen auf dem Weihnachtsmarkt / © Irina Wilhauk ( shutterstock )

KNA: Herr Weigelt, in wenigen Wochen ist Weihnachten. Stille Zeit oder stressige Zeit - wie ist der Advent für Sie?

Oliver Weigelt: Stressig. Zumindest stehen in meinem Kalender viele Unternehmungen. Unter der Woche geht es noch. Aber die Wochenenden sind bis Weihnachten durchgetaktet.

KNA: Warum sind viele Menschen vor Weihnachten so gestresst?

Weigelt: Weihnachten und Silvester sind der Endpunkt des Jahres. Bis dahin wollen viele ein bestimmtes Pensum geschafft haben. Nicht alles aber passt in den Zeitplan.

Symbolbild Sparen an Weihnachten / © Zivica Kerkez (shutterstock)
Symbolbild Sparen an Weihnachten / © Zivica Kerkez ( shutterstock )


KNA: Warum nicht?

Weigelt: Weihnachten ist mit bestimmten Normen und Erwartungen verbunden. Wir kaufen Geschenke, bereiten uns auf die Feiertage vor, überlegen, welche Zutaten wir noch für den Weihnachtsbraten brauchen.
Manche haben Kinder, wollen an Weihnachten ihre Eltern besuchen. Das alles bedarf der Planung.

KNA: Feiertage und Urlaube gibt es immer wieder im Jahr. Was ist an Weihnachten anders?

Psychologe Oliver Weigert

"Weihnachten bedeutet zwei bis drei Tage Stillstand." 

 

Weigelt: Es gibt zunächst einmal objektive Gründe: Anders als der Sommerurlaub ist Weihnachten ein fixes Datum. Es betrifft so ziemlich alle Erwerbstätigen - wenn sie nicht gerade im Schichtdienst arbeiten. Weihnachten bedeutet also zwei bis drei Tage Stillstand. 

Die Gesellschaft ist an diesen Tagen synchronisiert. Überspitzt gesagt: Alle Leute wollen gleichzeitig das Gleiche. Das führt zu Stress. 

Zum Beispiel weil viele Menschen gleichzeitig mit der Bahn fahren, um ihre Familie zu besuchen. Wenn die Bahn dann auch noch streikt, ist das ein Problem.

KNA: Was können wir also tun, um Stress im Advent und an Weihnachten zu verhindern?

Oliver Weigelt

 "Besser ist es, weiter im Voraus zu planen und sich weniger vorzunehmen."


Weigelt: Wieviel Stress wir haben, hängt von unserer to-do-Liste ab. Wenn wir vor Weihnachten noch unerledigte Aufgaben haben, dann setzt uns das unter Druck. Besser ist es, weiter im Voraus zu planen, um am besten ein paar Tage vor Weihnachten mit den Vorbereitungen aufzuhören. 

Weihnachtsgeschenke unter einem Weihnachtsbaum / © AnnaStills (shutterstock)
Weihnachtsgeschenke unter einem Weihnachtsbaum / © AnnaStills ( shutterstock )

Damit kann man schon vorzeitig entspannen und sich leichter auf die Feiertage freuen. Eine andere Möglichkeit: sich einfach weniger vornehmen. Braucht man wirklich zehn Geschenke, oder genügen nicht auch fünf? Müssen Verpackung und Christbaumschmuck unbedingt perfekt sein?

KNA: Während der Corona-Pandemie war vieles anders: 2020 blieben Menschen in Deutschland durch Kontaktbeschränkungen zu Hause. Müssen wir zur Ruhe gezwungen werden?

Weigelt: Die Corona-Bestimmungen waren für einige tatsächlich gar nicht mal so schlecht. Gerade für Workaholics hat so eine Pause einen positiven Effekt. 

Wie stressig Menschen Weihnachten finden, hängt auch davon ab, ob wir die Arbeit während der Ferien ruhen lassen können und Abstand von unserer Arbeit nehmen. Arbeit während der Ferien wirkt sich dann ungünstig aus.

KNA: Für manche ist Weihnachten kein Stress. Sie genießen all die vielen Vorbereitungen sogar. Wie kommt das?

Weigelt: Das hängt davon ab, mit wie viel Belastung wir klarkommen. Außerdem von den persönlichen Bedürfnissen eines jeden. Davon also, ob wir lieber eingebunden in etwas sind oder autonom sein möchten. 

Festlich gedeckte Tafel an Weihnachten  (shutterstock)

Es gibt Menschen, die mit Familie und Freunden an Weihnachten gerne Zeit verbringen - andere sind lieber alleine und unabhängig. Für viele ist der Vorweihnachtsstress aber auch gar nichts Schlimmes, sondern sogar etwas Aufbauendes.

KNA: Stressig und aufbauend? Wie geht das?

Weigelt: Die meisten Menschen empfinden - allem Stress zum Trotz - in der Adventszeit große Vorfreude. Das zeigen auch die Umfragen: Je näher wir Weihnachten kommen, desto höher wird in der Bevölkerung das Wohlbefinden. 

Das Stimmungsbarometer steigt bis zu den Feiertagen immer weiter an. Der Höhepunkt kommt an Weihnachten. Das gilt übrigens nicht nur für Christen.

Oliver Weigert

"Der Weihnachtsmarkt, die Lichter, die Dekoration, können in dieser Zeit ein Uplift sein." 



KNA: Inwiefern?

Weigelt: Der Weihnachtsgedanke ist etwas sehr Angenehmes. Der Dezember ist eine dunkle, deprimierende Zeit. Der Weihnachtsmarkt, die Lichter, die Dekoration, können in dieser Zeit ein Uplift sein. 

Rituale mit der Familie sind für viele etwas Schönes. Weihnachten bedeutet, in der Gemeinschaft zusammenzukommen und sich Zeit zu nehmen für Dinge, die sonst vielleicht zu kurz kommen.

KNA: Wie sieht die Stimmung nach den Feiertagen aus?

Weigelt: Das Fest ist für die meisten erstmal ein Erholungssprung. Danach geht die Stimmung wieder runter. Erst zum Frühling hin ändert sich das. Je besser Menschen an Weihnachten entspannen, so zeigen
unsere Umfragen, desto länger hält dieses Gefühl aber auch an. 

Damit Weihnachten einen nachhaltigen Effekt hat und wir vom Weihnachtspolster länger noch profitieren können, müssen wir also schon während der Feiertage genug Abstand gewinnen.

Das interview führte Isabel Barragan. 

Weihnachten

Weihnachten ist das Fest der Geburt Jesu Christi. Wann genau vor etwa 2.000 Jahren Jesus geboren wurde, ist nicht bekannt. Die Feier des 25. Dezember als Geburtsfest Jesu ist erstmals für das Jahr 336 in Rom bezeugt.

Weihnachten heißt so viel wie heilige, geweihte Nächte. Die Geburt Jesu bedeutet nach christlichem Verständnis die Menschwerdung Gottes; in Jesus hat sich Gott den Menschen mitgeteilt, sich in ihre Geschichte hinein begeben, sich ihrer erbarmt und ihnen Heil geschenkt. Deshalb gilt Weihnachten als Fest der Liebe.

Weihnachtsbaum / © Bernd Weissbrod (dpa)
Weihnachtsbaum / © Bernd Weissbrod ( dpa )
Quelle:
KNA