Queere Initiative OutInChurch sieht Vatikanpapier skeptisch

Hoffentlich folgt keine "Katerstimmung"

Die vatikanische Entscheidung, homosexuelle Paare unter bestimmten Voraussetzung segnen zu lassen, ist aus Sicht des katholischen Theologen Michael Seewald bahnbrechend für die Kirche. Die Initiative #outinchurch hat jedoch Bedenken.

Mitglieder der Initiative #outinchurch mit einem Banner der Initiative während der Verleihung des Katholischen Medienpreises 2022 am 3. November 2022 in Bonn. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Mitglieder der Initiative #outinchurch mit einem Banner der Initiative während der Verleihung des Katholischen Medienpreises 2022 am 3. November 2022 in Bonn. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Was die Entwicklung der Glaubens- und Morallehre angeht, handelt es sich um die bedeutendste Neuerung seit dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils 1965", sagte der Münsteraner Dogmatik-Professor dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe). 

"Während die offizielle Lehre der Kirche homosexuelle Praktiken bislang als schwere Sünde bezeichnete und der Meinung war, dass aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nichts Gutes erwachsen könne, hat sich die Perspektive nun verändert."

Priester dürfen Unverheiratete und Homosexuelle segnen

Die Grundsatzerklärung des Dikasteriums für die Glaubenslehre mit dem Titel "Fiducia supplicans" (deutsch: Das flehende Vertrauen) erlaubt es katholischen Priestern nunmehr, unverheiratete und homosexuelle Paare zu segnen. Dabei müsse aber eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden. So dürfe der Segen nicht in einem gottesdienstlichen Rahmen erfolgen, heißt es in dem Dokument.

Die Glaubensbehörde hatte es am Montag mit ausdrücklicher Zustimmung von Papst Franziskus veröffentlicht.

Teuber vermutet Verbot von Segnungsformaten

Die deutsche Initiative #OutInChurch reagierte dagegen skeptisch. Ihr Sprecher Rainer Teuber sagte dem "Neuen Ruhrwort": "Solange von irregulären Beziehungen gesprochen wird und Segnungen in Gottesdiensten verboten bleiben, hält sich mein Jubel in engen Grenzen. Letztendlich werden doch alle vorliegenden Segnungsformate verboten." Er hoffe, dass auf den Jubel nicht bald eine Katerstimmung folge.

#OutInChurch ist nach eigenen Angaben eine Initiative von rund 500 Mitarbeitern der katholischen Kirche, die sich unter anderem als lesbisch, schwul, bi, trans, inter, queer oder non-binär identifizieren. 

Die inzwischen als Verein organisierte Gruppierung ging Ende Januar 2022 mit einem kollektiven Coming-out und einem Manifest an die Öffentlichkeit. In der begleitenden ARD-Doku "Wie Gott uns schuf" wurden mehr als 100 Mitwirkende vorgestellt.

#OutInChurch

Es ist eine große konzertierte Aktion: Auf einer Internetseite und im Rahmen einer Fernsehdokumentation haben sich 125 Menschen in der katholischen Kirche geoutet. Sie alle sind haupt- oder ehrenamtlich in der Kirche tätig und zugleich Teil der queeren Community, wie die Initiative "#OutInChurch - für eine Kirche ohne Angst" mitteilte. Die Initiative fordert unter anderem, das kirchliche Arbeitsrecht so zu ändern, "dass ein Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität" nicht zur Kündigung führe. (KNA, 24.1.2022)

 © Julia Steinbrecht (KNA)
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Quelle:
KNA