Schwule und lesbische Paare suchen den Segen der Kirche

Regenbogenfahnen und nachdenkliche Töne

In vielen katholischen Gemeinden wurden im Rahmen der Initiative "Liebe gewinnt" auch schwule und lesbische Paare gesegnet. Die Aktion sorgte für Wirbel. Und der nächste "Aufreger" kündigt sich bereits an.

Autor/in:
Joachim Heinz und Anita Hirschbeck
März: Vatikan sagt "Nein" zur Segnung homosexueller Paare / © Angyalosi Beata (shutterstock)
März: Vatikan sagt "Nein" zur Segnung homosexueller Paare / © Angyalosi Beata ( shutterstock )

"Wir haben uns schuldig gemacht an gleichgeschlechtlich Liebenden", sagt Pfarrer Bernd Mönkebüscher am Montagabend in Hamm über den Umgang der katholischen Kirche mit Homosexuellen.

"Wir haben sie über Jahrhunderte diskriminiert, abgewiesen, in Nischen und ins Abseits gedrängt, aus der Öffentlichkeit und von Ämtern ferngehalten, an vielen Stellen ihr Leben zerstört, seelisch und körperlich."

Der Geistliche gehört zu denen, die daran etwas ändern wollen. Gemeinsam mit anderen hat er die Aktion "Liebe gewinnt" ins Leben gerufen, die in diesen Tagen Segensgottesdienste für Liebende anbietet.

Erstes Fazit

Aus einer spontanen Reaktion auf das Nein des Vatikan zur Segnung homosexueller Paare und einem "Graswurzel"-Impuls sei unerwartet eine große Bewegung hervorgegangen, lautet das erste Fazit der Initiatoren. Vor allem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz flattern Regenbogenfahnen als Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung vor Gotteshäusern, liegt so etwas wie Aufbruchstimmung in der Luft.

Ausdrücklich eingeladen worden zu sein, sei etwas Besonderes, sagt ein lesbisches Paar aus Bonn, dass am Sonntag extra in die Gemeinde Christi Auferstehung nach Köln-Lindenthal gekommen ist. In der Kirche Sankt Martin im niederrheinischen Geldern feierte Pfarrer Christian Olding bereits in der vergangenen Woche einen Segensgottesdienst.

Unter den Teilnehmenden: Holger und Lennart Woltering, seit 2017 standesamtlich verheiratet, beide als Sänger in der Gelderner Kirchengemeinde aktiv. "Mir sind die ganzen Emotionen hochgekommen wie bei der Hochzeit", sagt der 30-jährige Holger nach der Segnung: "Mit Kribbeln im Bauch. Wahnsinn."

Wenn es nach dem Vatikan geht, darf ein katholischer Seelsorger wie Olding eine homosexuelle Partnerschaft nicht segnen - genauer gesagt: er kann es nicht. Mitte März hatte die römische Glaubenskongregation erklärt, die katholische Kirche habe nicht die Vollmacht, gleichgeschlechtliche Verbindungen zu segnen. Denn zu diesen gehörten sexuelle Aktivitäten außerhalb der Ehe von Mann und Frau, schrieb sie zur Begründung. Gott segne sündige Menschen, nicht aber die Sünde.

Disziplinarische Konsequenzen?

Nun steht die Frage im Raum, wie es weitergeht. Disziplinarische Konsequenzen dürften Olding und seinen Kollegen vermutlich nicht drohen. Von den dafür zuständigen Bischöfen gab es bislang keine entsprechenden Ansagen. Wohl aber kritisierte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, im Vorfeld die Segensgottesdienste. Gottesdienste hätten "ihre eigene theologische Würde und pastorale Bedeutung. Sie sind nicht als Instrument für kirchenpolitische Manifestationen oder Protestaktionen geeignet".

Kritik formulierte aber beispielsweise auch Maria 1.0, eine Gruppe von konservativen Katholikinnen. Gläubige würden verunsichert und gezwungen, "sich entweder dem örtlichen Bischof, der möglicherweise diese Segnungen billigt, gegenüber loyal zu verhalten oder dem Papst". Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz dagegen geht davon aus, dass "Liebe gewinnt" zu einer Intensivierung der Debatte führt.

Eventuell würden aber auch innerkirchliche "Gräben" vertieft.

Thema auf ÖKT und Synodalem Weg?

Möglich ist, dass die katholische Sexualmoral im Allgemeinen und der Umgang mit schwulen und lesbischen Paaren im Besonderen auch bei dem am Donnerstag startenden Ökumenischen Kirchentag eine Rolle spielt.

Ganz sicher gesetzt ist das Thema bei dem von den Bischöfen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ins Leben gerufenen Synodalen Weg zur Zukunft der Kirche.

Und während in Hamm die Kölsch-Rocker Peter und Stephan Brings ihr Lied "Liebe gewinnt" zum Besten gaben, das sie für die bundesweite Aktion in einer "Rainbow-Edition" neu aufgelegt hatten, steht der nächste innerkatholische Aufreger schon vor der Tür.

Predigerinnentag steht vor der Tür

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ruft zum zweiten Mal am 17. Mai zu einem bundesweiten Predigerinnentag auf.

Die Aktion, bei der zwölf Frauen an zwölf verschiedenen Orten für eine geschlechtergerechte Kirche werben, findet am 17. Mai statt, laut Ökumenischen Heiligenlexikon der Gedenktag der Apostelin Junia.


Quelle:
KNA
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