Religionspädagoge betont Chancen religiös vielfältiger Kitas

Beten fester Bestandteil

Die deutsche Gesellschaft verändert sich rasant. Wie gehen in diesem Kontext Kitas in katholischer Trägerschaft mit der neuen Vielfalt um? Wie kann die Glaubensvermittlung dort gelingen? Dieser Frage geht nun eine Fachtagung nach.

Garderoben mit Jacken und Rucksäcken von Kindern am 23. November 2022 im Eingangsbereich einer Kindertagesstätte in Grafschaft. Zwei Kinder rennen über den Gang. / © Harald Oppitz (KNA)
Garderoben mit Jacken und Rucksäcken von Kindern am 23. November 2022 im Eingangsbereich einer Kindertagesstätte in Grafschaft. Zwei Kinder rennen über den Gang. / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Welchen Stellenwert hat religiöse Bildung heute in den Kitas katholischer Träger?

Jürgen Weinz (Caritas Köln)

Jürgen Weinz (Referent für Religionspädagogik in der Abteilung Tageseinrichtungen für Kinder beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.): Bei Kitas katholischer Träger hat religiöse Bildung nach wie vor einen hohen Stellenwert, auch weil es zum Markenkern gehört. Heutzutage gibt es eine ganze Bandbreite von unterschiedlichen Kitas und diejenigen in katholischer Trägerschaft stehen für gute religiöse Bildung.

DOMRADIO.DE: In einer katholischen Kita sind heute nicht mehr nur katholische Kinder und vielleicht nicht nur katholische Erzieher und Erzieherinnen. Was verändert das?

Weinz: Das ändert natürlich den Blickwinkel. Der wird geöffnet und die Kinder lernen auch andere Religionen kennen. Das kann manche verunsichern, weil Neues hinzukommt. Andere fühlen sich durch die neuen Perspektiven und anderen Religionen bereichert. Die Kinder sind in der Regel die Unkompliziertesten, weil die sich dafür interessieren und die Unterschiede spannend finden. Die Kinder können genau differenzieren, was zu ihrer Religion gehört und was zu einer anderen Religion.

DOMRADIO.DE: Wie wird religiöse Bildung heutzutage in Kitas gelebt?

Weinz: Beten ist auch heute noch ein fester Bestandteil in den Kitas. Da wird dann auch auf nicht-christliche Kinder geschaut. Wie geht man etwa mit Gebetshaltungen um, wenn die Kinder einer anderen Religion eine andere Gebetshaltung haben. Die haben dann die Möglichkeit, ihre Gebetshaltung einzunehmen.

Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.

Der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V. ist der Dachverband der katholischen Wohlfahrtspflege im Erzbistum Köln. Ihm sind 250 Mitglieder als Träger von mehr als 2.000 Diensten und Einrichtungen im Rheinland und den angrenzenden Kreisen angeschlossen.

Das Spektrum seiner Aufgaben reicht von Krankenhäusern über Altenheime bis zu Kindergärten und Beratungsstellen, wie etwa Schwangerschafts- oder Schuldnerberatung. Der Diözesan-Caritasverband berät seine Einrichtungen und Dienste in wirtschaftlichen Fragen und vertritt sie in Kirche, Gesellschaft und Politik. 

Die Caritas gibt es in über 160 Ländern / © Karolis Kavolelis (shutterstock)
Die Caritas gibt es in über 160 Ländern / © Karolis Kavolelis ( shutterstock )

Das ist aber nur ein Teil der religiösen Bildung. Religiöse Bildung soll auch in den Alltagssituationen der Kinder ansetzen und vom Kind gedacht werden. Das kann beispielsweise bei einem Ausflug sein. Wenn man mit den Kindern unterwegs ist und die Kinder ein Wegekreuz entdecken oder im Wald einen toten Vogel. Gute religiöse Bildung greift das auf und kann daran festmachen.

DOMRADIO.DE: Wie würde man das bei einem toten Vogel machen?

Weinz: Bei einem toten Vogel würden die Kinder wahrscheinlich fragen, was jetzt mit dem Vogel ist, wenn er tot ist und wo er jetzt hinkommt. Vielleicht schlagen die Kinder sogar vor, den Vogel zu begraben. Das wären Anknüpfungspunkt für religiöse Bildung, die man direkt besprechen könnte. Oder man nimmt sie später, wenn man wieder in der Kita ist, zum Anlass.

DOMRADIO.DE: Am Donnerstag findet eine Fachtagung der Caritas zum Thema „Religiöse Bildung in Kitas“. Was ist ihr Hauptanliegen dabei?

Weinz: Das Hauptanliegen ist, einen Umgang mit der Herausforderung dieser sich verändernden Situationen zu finden. Die Menschen, die Kinder, die Mitarbeitende und die Familien im Bereich der Kitas werden vielfältiger. Wir wollen uns den ganzen Tag damit auseinandersetzen, was wir für diesen Umgang brauchen.

DOMRADIO.DE: Welche Chancen und Herausforderungen sind zu bewältigen?

Weinz: Die Chancen überwiegen ganz klar. Zum Beispiel, weil man im Kennenlernen anderer Religionen auch seine eigene Religion besser kennenlernen kann, indem man vergleicht.

Eine Herausforderung ist sicherlich, religionssensible Erzieherinnen und Erzieher zu finden. Es braucht Mitarbeitende, die für religiöse Fragen der Kinder offen sind und diese durch ihre religiöse Vorbildung beantworten können. Sie sollten sich nicht durch die Fragen verunsichern lassen und die religiöse Bildung nicht aus den Gesprächen mit den Kindern ausblenden.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR