Risikobericht fordert mehr digitale Katastrophenvorsorge

Katastrophen vorbeugen, Krisen überstehen

Bessere Katastrophenvorsorge durch mehr Digitalisierung: Der diesjährige Weltrisikobericht sieht darin einen entscheidenden Ansatzpunkt. Durch mehr Datensätze kann der Bericht seinen Risikoindex bereits ausweiten.

Autor/in:
Johannes Senk
Taifun Hayan wütete 2013 auf den Philippinen / © Richard Whitcombe (shutterstock)
Taifun Hayan wütete 2013 auf den Philippinen / © Richard Whitcombe ( shutterstock )

Katastrophen und heftige Umweltphänomene wirken sich jedes Jahr kritisch auf die Lebensrealität der Menschen aus. Insbesondere im Globalen Süden sorgen sie regelmäßig für Hungerkrisen und Fluchtbewegungen. Durch den Klimawandel verstärkt sich dieser Prozess stetig.

Bündnis Entwicklung Hilft

Die Hilfswerke Brot für die Welt, Christoffel-Blindenmission, DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, Kindernothilfe, medico international, Misereor, Plan International, terre des hommes, Welthungerhilfe sowie die assoziierten Mitglieder German Doctors und Oxfam bilden zusammen das Bündnis Entwicklung Hilft. Das Bündnis wurde nach der Tsunami-Katastrophe im Dezember 2004 gegründet, es vereint größere und kleinere Hilfswerke, kirchliche und säkulare – und spiegelt damit einen Querschnitt der deutschen Gesellschaft wider.

Entwicklungshilfe vor allem in Afrika gefragt / © Kay Nietfeld (dpa)
Entwicklungshilfe vor allem in Afrika gefragt / © Kay Nietfeld ( dpa )

Dabei gilt es, die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaften gegen Naturkatastrophen zu stärken. Eine entscheidende Rolle könnte dabei die fortschreitende Digitalisierung einnehmen, heißt es im diesjährigen Weltrisikobericht 2022 des Bündnis Entwicklung Hilft, der am Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde. Die Studie wirbt für mehr Ausbau der globalen digitalen Infrastruktur zur besseren Katastrophenvorsorge.

Digitale Teilhabe für alle gefordert

Informations- und Kommunikationstechnologien würden etwa bei digitalen Frühwarnsystemen, der Kommunikation mit Betroffenen nach Katastrophen, der Schadenserfassung sowie der Erfassung globaler Datenbanken zur Risikoanalyse intensiv genutzt, heißt es im Bericht weiter. Diese könnten dazu dienen, Katastrophen vorzubeugen oder Krisen zu überstehen.

Dafür müssten diese Technologien allerdings auch allen Menschen zugänglich seien, erklären die Autoren des Berichts. Deswegen müsse dem sogenannten "Digial Divide", der Trennung von Möglichkeiten der digitalen Teilhabe nach Herkunft- und Wohnort, Geschlecht, Alter oder sozialem Stand, "entschieden entgegengewirkt werden". Insbesondere die Ungleichheit zwischen Globalem Norden und Süden müsse hier behoben werden. Dabei seien auch Hilfsorganisationen in der Pflicht, den "Digial Divide" bei ihren Projektplanungen zu berücksichtigen. So dürften Hilfsprogramme nicht darauf ausgerichtet sein, diese Trennung noch unbeabsichtigt zu fördern, sondern müssten die Stärkung digitaler Kompetenzen, etwa bei Bildungsangeboten, stets mitdenken.

Bessere Vorbereitung auf Katastrophen

Auch für die Risikoanalyse habe die Digitalisierung einen großen Vorteil. Durch die Sammlung von Datensätzen ließen sich Naturereignisse und ihre Auswirkungen etwa präziser vorhersagen. Dadurch könnten sich Hilfsorganisationen besser auf den Ernstfall vorbereiten.

Erdbeben in Indonesien / © Azhari Surahman/AP (dpa)
Erdbeben in Indonesien / © Azhari Surahman/AP ( dpa )

Ferner stellt der Bericht in diesem Jahr einen aktualisierten Weltrisikoindex vor. Dieser ermögliche erstmals die Berechnung des Katastrophenrisikos für alle von den Vereinten Nationen anerkannten 193 Staaten der Erde. Demnach sind derzeit die Philippinen, Indien und Indonesien die Länder mit dem höchsten Katastrophenrisiko. Am niedrigesten ist es in den drei europäischen Zwergstaaten Monaco, Andorra und San Marino.

Risiken global ungleich verteilt

In der Tradition früherer Ergebnisse zeige sich allgemein auch in diesem Jahr, dass Katastrophenrisiken global sehr ungleich verteilt und stark mit Aspekten von Armut und Ungleichheit verknüpft seien, so ein zentrales Ergebnis der Auswirkung. Durch die neue Berechnung komme es dennoch zu Veränderungen: Demnach liegen globale Risiko-Hotspots in Amerika und Asien, was sich auch in den zehn Ländern mit den höchsten Risikowerten widerspiegelt. Viele Inselstaaten hingegen, die sonst immer die vorderen Plätze eingenommen hatten, lägen in diesem Jahr nicht mehr an der Spitze des Rankings, unter anderem weil nun sowohl absolute als auch prozentuale Zahlen der gefährdeten Bevölkerung in die Berechnung mit einfließen.

Die neue Berechnungsmethode berücksichtige zudem auch stärker regionale Phänomene und nicht länger nur die Katastrophen, die weltweit die meisten Todesopfer forderten oder die höchsten finanziellen Schäden verursachten.

Der jährliche Weltrisikobericht wird vom Bündnis Entwicklung Hilft herausgegeben. Dem Zusammenschluss gehören an: Misereor, Brot für die Welt, die Christoffel-Blindenmission, die DAHW Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe, die Kindernothilfe, medico international, Plan International, terre des hommes und die Welthungerhilfe sowie die assoziierten Mitglieder German Doctors und Oxfam. Wissenschaftlich betreut wird der Bericht durch das Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der Ruhr-Universität Bochum.

Quelle:
KNA