Zwei Stunden waren angesetzt, am Ende waren es gut drei. Kaum verwunderlich, schließlich hatten die Bundesministerinnen für Familie, Justiz und Bildung am Ende nicht weniger als 60 Teilnehmer zum Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch eingeladen. Als Erster verließ am Freitagnachmittag der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, die von Medien umlagerte, nichtöffentliche Auftaktsitzung. Sein abrupter Aufbruch war jedoch einzig der Tatsache geschuldet, dass er seinen Flieger zurück nach Trier erreichen musste.
"Es war eine sehr respektvolle und konstruktive Atmosphäre", berichtete er den wartenden Journalisten sichtlich zufrieden. Viel Sachverstand habe beisammengesessen. Er sei zuversichtlich, so der Bischof, dass das Gremium zu guten Ergebnissen kommen werde. Und, nein, es habe "überhaupt keinen anklagenden Ton gegenüber der katholischen Kirche gegeben, ganz im Gegenteil", betonte Ackermann, der am Runden Tisch - vielmehr am Tische-Rechteck - direkt neben Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gesessen hatte.
Der Bischof erläuterte, die Frage nach Entschädigungszahlungen habe im Plenum nur am Rande eine Rolle gespielt. Im Mittelpunkt stand das gegenseitige Kennenlernen und die Sammlung von Themen für die weitere Arbeit in den nunmehr drei Untergruppen für die Bereiche Prävention, Aufarbeitung und Rechtsfragen sowie Erforschung von pädosexuellem Verhalten und mögliche Therapien.
Letztere hatte Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) spontan am Ende der Sitzung ins Leben gerufen, nachdem das Statement des Sexualwissenschaftlers Klaus M. Beier das Plenum offenbar nachhaltig beeindruckt hatte. Beier leitet das Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin an der Berliner Charite, das Männern mit pädosexuellen Neigungen Therapien anbietet.
Schröder: "Konstruktiv und intensiv"
Ähnlich gelöst wie Ackermann präsentierten sich wenig später die drei Ministerinnen der Presse. Das Treffen sei "konstruktiv und intensiv" gewesen. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) regte als erste Maßnahme eine verbindliche Selbstverpflichtung für kirchliche und staatliche pädagogische Einrichtungen an. Staatliche Förderungen könnten dann davon abhängig gemacht werden, ob Institutionen eine solche Verpflichtung unterzeichneten. Schröder betonte, der Runde Tisch könne auf die geleistete Arbeit etwa der Opferverbände zurückgreifen: "Wir fangen nicht bei Null an."
Die Bundesjustizministerin warnte davor, in der Missbrauchsdebatte das Strafrecht überzubewerten. Es könne in der Regel nicht das erfüllen, was sich Opfer davon oft versprächen, etwa die Anerkennung ihrer Leiden und die Enttabuisierung des Themas Missbrauch, so Leutheusser-Schnarrenberger. Auch gegenüber einer automatischen Anzeigepflicht bei Missbrauchsverdacht äußerte sie sich skeptisch.
Diese sei dann ein Problem, wenn die Opfer ausdrücklich wünschten, keine Staatsanwaltschaft einzuschalten. Ähnlich sieht es auch der Missbrauchbeauftragte der Bischofkonferenz. "Wir müssen aufpassen, dass wir die Hemmschwelle für Opfer nicht noch höher machen", warnte Ackermann.
Es gab aber kritische Stimmen. Die Vertreterin der Bündnisgrünen am Runden Tisch, Ekin Deligöz, etwa bemängelnde die erste Sitzung sei weitgehend symbolisch geblieben. So habe es keine fundierte Grundsatzdebatte gegeben. Unbefriedigend sei auch die Beteiligung der Opfer an der Arbeit des Runden Tisches. Das Gremium könne nicht die Verantwortung dafür auf die Beauftragte für die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, Christine Bergmann, abwälzen. Andere kritisierten den Ablauf der Sitzung. Dieser sei wenig strukturiert gewesen, so war zu hören.
Die Ministerinnen betonten aber, Ziel des ersten Treffens sei es gewesen, dass jeder der Teilnehmer zu Wort kommen sollte. Sie verwiesen auf die Arbeitsgruppen, die schnell konkrete Ergebnisse vorlegen sollten. Bereits im Mai kommen diese wieder zusammen, kündigten die Politikerinnen an. Der Runde Tisch trifft sich erst nach der Sommerpause wieder. Ein erster Zwischenbericht will er dann Ende des Jahres vorlegen.
Runder Tisch zu Missbrauch nimmt Arbeit auf - Teilnehmer zufrieden
"Kein anklagender Ton gegenüber der Kirche"
Der von der Bundesregierung einberufene Runde Tisch zu Kindesmissbrauch hat sich in Berlin konstituiert. An der ersten Sitzung nahmen rund 60 Vertreter von Kirchen, Bund, Ländern, Verbänden und aus der Opferberatung teil. Die katholische Kirche zeigte sich im Anschluss zufrieden
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