"Wenn jemand keinen Anspruch auf Schutz hat, muss er Deutschland verlassen", sagte de Maiziere am Donnerstag in Berlin. Die Abschiebung sei "richtig, verantwortungsvoll und behutsam" durchgeführt worden. Rückendeckung in der Debatte bekam der Minister von der Union. Evangelische Kirchenvertreter kritisierten dagegen, dass Afghanistan in weiten Teilen kein sicheres Land sei.
De Maiziere sagte in Berlin, dass unter den 34 abgeschobenen Männern jeder Dritte ein Straftäter gewesen sei. Ursprünglich sollten 50 Männer abgeschoben werden, einige seien zuvor abgetaucht. Das erste Flugzeug mit den abgelehnten Asylbewerbern war am Mittwoch vom Frankfurter Flughafen gestartet.
Die Maschine sei "sicher und planmäßig" in Kabul gelandet, so de Maiziere. Die Afghanen seien vom dortigen Flüchtlingsministerium sowie von Vertretern einiger Nichtregierungsorganisationen und psychosozialen Betreuern empfangen worden. Auch Schweden habe am 13. Dezember die ersten Afghanen abgeschoben. Deutschland habe am 2. Oktober verlässliche Regelungen für Rückführungen mit Afghanistan vereinbart. Zur Sicherheitslage in Afghanistan meinte de Maiziere, diese bleibe kompliziert. Viele Regionen seien "aber hinreichend sicher". Darauf sei bei der Abschiebung Rücksicht genommen worden.
Rekowski: "Extreme Beklemmungen"
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, verwies auf eine schwierige Sicherheitslage. Solange es erhebliche Zweifel an der dortigen Sicherheit gebe, blieben Abschiebungen nach Afghanistan problematisch. Er sagte auch, wenn ein Verfahren fair gewesen und nach rechtsstaatlichen Kriterien zu Ende geführt worden sei, müsse es grundsätzlich auch die Möglichkeit von Rückführungen geben.
Beim evangelischen rheinischen Präses Manfred Rekowski lösen Sammelabschiebungen nach eigenem Bekunden "extreme Beklemmungen" aus. Es sei nicht erkennbar, dass Sicherheit in Afghanistan gewährleistet sei. Der Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), Christoph Pistorius, forderte, dass Einzelfallprüfungen gewährleistet sein müssten. Es könne nicht per Regierungsbeschluss festgehalten werden, dass Afghanistan sicher sei. In weiten Teilen des Landes drohe abgeschobenen Afghanen eine erniedrigende Behandlung.
Menschenrechtsbeauftragte: "Sicherheitslage alles andere als klar"
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), hat die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan kritisiert. "Ich habe bisher keinen Bericht gesehen, der mir den Eindruck vermittelt, es gebe in Afghanistan sichere Regionen", sagte Kofler der "Augsburger Allgemeinen" (Freitagsausgabe). Die Diskussionen in den einzelnen Bundesländern zeigten, dass die Einschätzung der Sicherheitslage alles andere als klar sei.
Vor diesem Hintergrund sollten alle Abschiebungen nach Afghanistan "sofort gestoppt" werden, forderte Kofler: "Es kann nicht sein, dass es bei einer Abschiebung letztlich darauf ankommt, in welchem Bundesland man sich aufhält."
NRW: Debatte innerhalb der Koalition
Bei den nordrhein-westfälischen Grünen hatte die Abschiebung heftige Kritik am Koalitionspartner SPD ausgelöst, der das Vorgehen mittrug. Die flüchtlingspolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion in NRW, Monika Düker, legte aus Protest ihre Funktion nieder. Im Düsseldorfer Landtag sagte sie am Donnerstag, mit der Abschiebung sei ihre "persönliche rote Linie" überschritten.
Die Grünen-Bundesvorsitzende Simone Peter zollte Düker Respekt. Der Schritt sei ein "aufrichtiger Protest gegen die inhumane Praxis, Flüchtlinge in eines der gefährlichsten Länder der Welt abzuschieben und sich damit an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig zu machen", sagte Peter der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagsausgabe).
Unionspolitiker Mayer: "Wichtiges Signal"
Dagegen sprach der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Stephan Mayer, von einem wichtigen Signal. "Afghanen und andere Ausländer, die in Deutschland kein Bleiberecht haben und einer Aufforderung zur Ausreise nicht freiwillig nachkommen, müssen tatsächlich mit der Rückführung in ihr Heimatland rechnen."
Obwohl zurzeit etwa 12.500 ausreisepflichtige Afghanen in Deutschland lebten, seien in diesem Jahr nur 27 abgeschoben worden. "An der Sicherheitslage in Afghanistan allein kann das nicht liegen: Allein in diesem Jahr sind mehr als 3.000 afghanische Staatsangehörige freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt", so Mayer.