Schauspieler Hartwig liest Dostojewski-Klassiker in Kirche

Raskolnikow im Bonner Münster

Franz Hartwig wird am Mittwoch im Bonner Münster bei Cellomusik aus Fjodor Dostojewskis "Verbrechen und Strafe" vorlesen. Der Schauspieler erklärt, warum sich das Werk für das diesjährige Literatur-Event in der Münsterbasilika eignet.

Franz Hartwig / © Jeanne Degraa (needagency)

DOMRADIO.DE: Wie besonders ist es für Sie, im Bonner Münster zu lesen?

Bonner Münster im Portrait / © INTERPIXELS (shutterstock)
Bonner Münster im Portrait / © INTERPIXELS ( shutterstock )

Franz Hartwig (Film- und Theaterschauspieler): Sehr besonders. Ich muss gestehen, ich habe noch nie in einer Kirche gelesen. Aber da ich vom Theater komme, freue ich mich sehr, wieder auf einer so besonderen Bühne zu stehen. Ich habe lange Jahre in der Berliner Schaubühne gespielt

DOMRADIO.DE: Haben Sie irgendeinen Bezug zur Kirche?

Hartwig: Tatsächlich sind bei mir in der Familie alle getauft, außer ich selbst. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich Dresdner bin und auch in den 1980er-Jahren in Dresden geboren wurde. Aber doch, ich habe schon einen starken Bezug zur Kirche.

DOMRADIO.DE: Aber Pfarrer oder Priester wollten sie nie werden?

Hartwig: Davon war ich tatsächlich weit entfernt.

DOMRADIO.DE: Sie lesen aus Dostojewskis Klassiker Verbrechen und Strafe, früher unter dem Namen "Schuld und Sühne" bekannt. Warum eignet sich der Literaturklassiker denn besonders für so eine Lesung?

Hartwig: Ich finde, dieser Stoff hat nie an Aktualität verloren. Dass wir es in der Kirche lesen, ist zwar etwas besonderes, aber wohl eher Zufall. Dass bei Dostojewski das christliche Thema im Vordergrund steht, ist natürlich von Vorteil.

Es ist ganz interessant, dass der Raskolnikow, die Hauptfigur im Roman, eigentlich extrem viele Parallelen zu Dostojewski selbst aufweist, der als revolutionärer Atheist in Sibirien durch das Neue Testament zum Christentum gefunden hatte.

Deshalb denke ich, dass sich der Text sehr gut für das Bonner Münster eignet.

DOMRADIO.DE: Wie sehen Sie der Lesung entgegen? Könnte die Akustik in der Kirche nicht zum Problem werden?

Hartwig: Ach, erstens bin ich ganz gut ausgebildet im Sprechen und zweitens darf ich ein Mikrofon benutzen. Ich hoffe und denke, es werden mich alle gut verstehen.

DOMRADIO.DE: Aber das ganze Buch werden sie nicht lesen, denn es ist ja ganz schön dick. Wie haben Sie die passenden Stellen ausgesucht?

Hartwig: Ich werde durch die Cellistin Lena Kravets unterstützt, die das Ganze musikalisch begleitet. Wir haben das  ein bisschen dreigeteilt. Im ersten Teil geht es darum, wer ist dieser Mensch Raskolnikow eigentlich ist und was seine Ideen sind. Man wird erfahren, wie er zu dieser Vorstellung eines Mordes für ein vermeintlich hehres Ziel kommt.

Im zweiten Teil geht es wiederum um die Tat selbst und im dritten um sein Leiden und seinen Versuch, sich seiner Schuld bewusst zu werden.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR